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Umstrittene Digitalisierung
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| Umsatzbringer: So verdient die Kommerz-BBC |
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| Sparte | Umsatz* umgerechnet in Mio. Euro |
Gewinn* umgerechnet in Mio. Euro |
Geschäftsfelder |
| Global Channels | 242,5 |
29,9 |
weltweit ausgestrahle BBC-Sender mit Werbeblöcken |
| Global TV Sales |
310,4 | 57,7 | Verkauf von BBC-Produktionen an andere Sender |
| Content & Production | 75,9 |
13,63 | Auftragsproduktionen, Vermarktung, Co-Finanzierung |
| Magazines | 245,8 | 28,7 |
Zeitschriftenverlag (Lebenshilfe, Jugend, Ratgeber, Populärwissenschaft |
| Home Entertainment |
268,2 |
35 |
Verkauf von DVDs, Hörbüchern, Musik |
| Digital Media |
19,9 |
-5,6 |
Video-On-Demand, Internet-Fernsehen, Mobil-TV, Web-Gemeinschaften |
| Gesamt |
1200 |
160 |
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| * Beteiligungen anteilig gerechnet / Quelle: Bericht für das Geschäftsjahr 2006/2007 von BBC Worldwide | |||
Weil die Gebühren bis 2012 aber langsamer steigen sollen als die Inflation, so die Gebührenentscheidung der Regierung Anfang des Jahres, sucht die BBC nach neuen Erlösen im Netz, im Internet-Fernsehen und im Pay-TV-Bereich. Dem Rundfunkriesen fehlen wegen der angeblich knauserigen Gebührenentscheidung bis 2012 umgerechnet 2,8 Milliarden Euro – man hatte einfach mehr Gebühren eingeplant.
Startvorteil: 750.000 Stunden Filmmaterial
Britische Verleger und Anbieter von Web-Inhalten ärgern Expansionspläne von BBC und BBC Worldwide immer wieder. Ihre Argumentation: Die hier vermarkteten Inhalte sind zum Teil auch aus Zwangsgebühren finanziert worden. Ein Wettbewerbsvorteil gegenüber allen privaten Unternehmern. Konkret: BBC Worldwide kann 750.000 Stunden Ton- und Filmaufnahmen der BBC nutzen und vermarkten.
Jedes Jahr kommen 30.000 Stunden dazu: Soaps, Fernsehfilme, Dokumentationen, Nachrichten, Serien. Und Marken: Viele der großen Magazine des BBC-Zeitschriftenverlags sind aus BBC-Fernsehsendungen entstanden, profitieren kostenlos von deren Reichweite und Image. Die Marken sollen nun nicht nur Magazine, sondern auch Web-Gemeinschaften befeuern: Im August hat BBC Worldwide einen entsprechenden Vertrag mit dem Community-Bauer Liveworld unterschrieben.
Wettbewerber wie Zeitungsverlage und private Community-Betreiber werfen BBC und BBC Worldwide unfairen, marktverzerrenden Wettbewerb vor. Die Kritik gibt John Smith, Geschäftsführer von BBC Worldwide, weiter: Den Auftrag habe seine Firma von der britischen Regierung, die müsse man kritisieren. Smith erklärte im März der "Financial Times": "Je nach Stimmungslage machen wir gute Geschäfte, was die Wettbewerber nicht mögen, oder wir machen schlechte Geschäfte, was die Konkurrenten lieben und die Politiker hassen."
Gebühreneinnahmen als Wettbewerbsvorteil
Und so expandiert BBC Worldwide im festen Glauben an den Auftrag von ganz oben emsig im Web. Zu den populärsten britischen Webseiten gehört neben Google und eBay das Online-Angebot der BBC. Die Nutzerzahlen steigen kräftig, locker 16 Millionen individuelle Nutzer im Monat lockt das Angebot derzeit – eines der erfolgreichsten und teuersten weltweit. Ähnlich beliebte Nachrichtenseiten von einem Verlagshaus existieren in Großbritannien nicht.
Aus dieser Online-Dominanz kann BBC Worldwide prächtig Gewinn schlagen: Auf der internationalen Seite "bbc.com" könnte es irgendwann Online-Werbung geben, wie man sie heute schon auf den Webangeboten der BBC-Zeitschriften findet. Die gebührenfinanzierten Inhalte der BBC-Journalisten sind ein unschlagbarer Wettbewerbsvorteil.
Brutalo-Vermarktung schadet dem BBC-Image
Auf YouTube hat BBC Worldwide schon begonnen, BBC-Material zu verwerten. Seit März stellt die Firma Inhalte auf Googles Web-Video-Plattform ein. Ob jetzt schon Geld fließt und falls ja, in welche Richtung – unbekannt. Die BBC lässt sich aber alle Optionen offen: Werbefinanzierung bei YouTube, paralleler Verkauf der bei der Videoplattform beworbenen Inhalte über den BBC-iPlayer und natürlich noch den DVD-Verkauf.
Mittelfristig ist die Vermarktung des seriösen BBC-Images ein gutes Geschäft. Doch langfristig könnte dieses brutale Auspressen dem Ansehen der BBC schaden. Roger Gale, früher BBC-Reporter und heute konservativer Abgeordneter im britischen Unterhaus, sagte dem US-Magazin "Newsweek", die BBC sei eine besondere Marke, man müsse sie vor übereifrigen Vermarktern schützen: "Das ist wie mit der königlichen Familie. Die Queen könnte viele Schokoriegel verkaufen, aber sie würde das nicht tun."
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