Netzwelt Konrad Lischka ist Journalist, arbeitet seit April 2007 als Redakteur bei Spiegel Online, war von 2004 bis 2007 Redaktionsleiter, später Chefredakteur des Literaturmagazins bücher und hat als Textchef bei der VVA-Gruppe gearbeitet. Er hat eineAusbildung zum Redakteur an der Deutschen Journalistenschule absolviert, war Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung und Frankfurter Rundschau (Feuilleton), hat für Medien wie c't und die Neue Zürcher Zeitung über IT-Themen geschrieben, für die taz aus Bayern berichtet und ein Buch über die Geschichte des Computerspiels im Heise-Verlag veröffentlicht. http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt Mon, 04 May 2009 20:14:20 +0000 Joomla! 1.5 - Open Source Content Management en-gb Kampf der Community-Giganten: Wieso Facebook gegen StudiVZ prozessiert (Spiegel Online, 29.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/787-kampf-der-community-giganten-wieso-facebook-gegen-studivz-prozessiert Kampf der Community-Giganten

Wieso Facebook gegen StudiVZ prozessiert

Erst eine Klage in den USA, jetzt in Deutschland: Das Online-Netzwerk Facebook will StudiVZ vor Gericht als Plagiat brandmarken lassen - Gestaltung und Funktionsweise seien kopiert worden. Das Verfahren ist komplex, die Vorwürfe sind nicht grundlos. SPIEGEL ONLINE beantwortet die zentralen Fragen.

Spiegel Online, 29.4.2009

"Facebook verklagt StudiVZ" - dieselbe Schlagzeile, zwei ganz unterschiedliche Nachrichten. Im vergangenen Juli reichte das US-Menschelnetz in den Vereinigten Staaten eine Klage gegen den deutschen Konkurrenten StudiVZ ein. An diesem Mittwoch verhandelte das Landgericht Köln zum ersten Mal eine ganz ähnliche Klage.

Ein paar hundert Seiten juristischer Texte hat das Verfahren in den USA schon produziert, 154 Dokumente bislang, angefangen von der 114-seitigen Klageschrift bis zum Vertagungsbeschluss auf den 1. Mai, der es auf immerhin drei Seiten bringt.

Viel juristische Argumentation, wenig Klarheit - Worum geht es beim Verfahren vor dem Bezirksgericht in San José, worum in Köln? Was wirft Facebook StudiVZ konkret vor?

SPIEGEL ONLINE beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wie viele Verfahren gibt es nun eigentlich?

Im Moment laufen drei Verfahren. An das US-Bezirksgericht in San José hat Facebook am 18. Juli 2008 eine Klageschrift gefaxt, die mehreren mit StudiVZ verbundenen Unternehmen und Personen Urheberrechtsverletzungen vorwirft (5:2008cv03468).

Ebenfalls am 18. Juli 2008 reichte StudiVZ als Reaktion beim Landgericht Stuttgart eine sogenannte Feststellungsklage ein, um - so formulierte es die Firma damals - von "deutschen Gerichten feststellen zu lassen, dass die von Facebook erhobenen Vorwürfe nicht zutreffend sind" (17.O.423/08).

Als Reaktion auf diese Feststellungsklage hat Facebook am 19. November 2008 beim Landgericht Köln eine Klage gegen StudiVZ eingereicht, die einige, aber nicht alle Vorwürfe aus dem US-Verfahren enthält (33.O.374/08). Es geht hier vor allem um die Frage, ob StudiVZ sich einfach bei Facebook bedient hat - und Elemente des Wettbewerbers einfach kopiert wurden. Bei der ersten Verhandlung am Dienstag vor der Wettbewerbskammer ging es um die Gutachter, die den Quelltext beider Angebote vergleichen sollen.

Warum die Klage in Köln?

Auf eine Feststellungsklage, wie sie StudiVZ gegen Facebook in Stuttgart erhoben hat, kann man durchaus reagieren, indem man den strittigen Sachverhalt einfach bei einer neuen Verhandlung klären lässt und selbst klagt. Das kann man auch vor einem anderen Gericht tun.

Facebook-Anwältin Katharina Scheja erklärt das in einem beim US-Bezirksgericht eingereichten Dokument so: "Facebook hat sich entschlossen, auf die von StudiVZ in der Feststellungsklage erhobenen Behauptungen mit dem Einreichen der Hauptklage in Köln zu reagieren, weil dieses Forum als erfahrener bei den in diesem Fall aufgeworfenen Fragen gilt."

Jetzt wird in Köln dieselbe Frage wie in Stuttgart verhandelt. Nach der ersten mündlichen Verhandlung dürfte das Verfahren in Stuttgart, dem Firmensitz des StudiVZ-Mutterkonzerns Holtzbrinck, deshalb geschlossen werden. Bleiben also noch zwei Verfahren.

Warum klagt Facebook zum zweiten Mal?

Aus Sicht der Facebook-Anwälte sind die Verfahren in Köln und San José recht verschieden. Der Einschätzung eines StudiVZ-Anwalts, die Verfahren in Köln, Stuttgart und den Vereinigten Staaten hätten denselben Gegenstand, widerspricht Facebook-Anwältin Scheja in einer Eingabe entschieden: "Die Verfahren in Stuttgart und Köln verhandeln Vorwürfe des Diebstahls von Quellcode, Verletzungen deutschen Markenrechts und Vorwürfe in Bezug auf Entwurfsmodelle. Das unterscheidet sich deutlich von dem Vorwurf des Eindringens in Datennetze und anderer Klagepunkte im US-Fall."

Ein weiterer Unterschied: In den Verfahren in Stuttgart und Köln sind allein die Unternehmen StudiVZ Ltd. und Facebook Inc. Verhandlungsgegner. In San José hat Facebook bislang auch diese Parteien angeklagt (weitere Personen kann Facebook noch einbringen, wenn deren Beteiligung an den umstrittenen Vorgängen nachgewiesen wird):

  • Holtzbrinck Networks (Internet-Beteiligungsfirma der Verlagsgruppe Holtzbrinck)
  • Holtzbrinck Ventures (Risikokapital-Tochter der Holtzbrinck-Gruppe)
  • Dennis Bemmann (StudiVZ-Mitgründer)
  • Michael Brehm (StudiVZ-Mitgründer)

Facebook müsse in den Vereinigten Staaten klagen, führen die Facebook-Anwälte aus, weil die Entscheidung eines deutschen Gerichts auf das Gebiet der Bundesrepublik beschränkt sei. Das resultiert "aus dem Territorialprinzip in allen Urheberrechts- und Wettbewerbsrechtsfragen nach deutschem Recht". Da sich StudiVZ zum Beispiel über MeinVZ "an US-Bürger" richtet und damit "Facebooks Urheberrechte in den Vereinigten Staaten" verletze, müsse Facebook hier klagen.

Wieso klagt Facebook so spät?

Laut den im US-Verfahren eingereichten Dokumenten hat Facebook sich zum ersten Mal vor knapp drei Jahren mit Plagiatsvorwürfen an StudiVZ gewendet. Zweimal habe Facebook StudiVZ durch deutsche Anwälte Abmahnungen schicken lassen und darin auch mit Klagen gedroht: am 8. Juni 2006 und am 3. Januar 2007.

Dass es diese Abmahnungen, aber keine Klagen gab, bestätigt ein Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Januar 2009 (6.W.3/09), der für Facebook nicht so gut ausfiel: Das OLG lehnte einen Beschwerde von Facebook gegen einen Beschluss des Landgerichts vom 19. Dezember 2008 ab. Facebook wollte eine einstweilige Verfügung gegen StudiVZ erwirken, die den Weiterbetrieb der Plattform verbieten sollte. Das Landgericht sah keine besondere Eilbedürftigkeit. Das Oberlandesgericht ebenso wenig.

In dem OLG-Beschluss heißt es: "Eine besondere Eilbedürftigkeit und Gefahr der Vernichtung von Beweisstücken durch den Gegner kann vor Gericht nicht mehr geltend machen, wer wie die Antragstellerin (...) über zwei Jahre zuwartet, bevor sie geeignete Schritte zur Sammlung von Beweismitteln gegen vermeintliche Plagiatoren ihrer geschützten Webseite (...) unternimmt."

Den Vorwurf der "urheberrechtswidrigen Nutzung ihrer eigenen Software" habe Facebook schon in Abmahnungen 2006 und 2007 vorgebracht, aber erst im "Oktober / November 2008" Gutachter damit beauftragt, "die bis Ende 2006 im Internet-Archiv archive.org gespeicherten Versionen der Webseiten der Parteien auf Anhaltspunkte für eine (teilweise) Quellcode-Identität zu überprüfen (obwohl sie zumindest eine Identität der HTML-Quellcodes schon 2006 behauptet hatte)".

Warum das so schleppend lief? Darüber kann man nur spekulieren - vielleicht hatte Facebook wichtigeres zu tun (wachsen, Geld einwerben) oder es war Kalkül (verkauft Holtzbrinck StudiVZ, wenn der Druck wächst?).

Was wirft Facebook StudiVZ vor?

Kurz zusammengefasst lauten die wesentlichen der von Facebook auf 114 Seiten US- und 82 Seiten deutscher Klageschrift ausgebreiteten Vorwürfe: Die StudiVZ-Macher haben sich den Quellcode der Facebook-Seite mit illegalen Methoden verschafft, auf der eigenen Seite nachgebaut, Design und Funktionen kopiert und somit Markenrechte von Facebook verletzt. Auf Seite elf der US-Klage (Punkt 35) zitieren die Facebook-Anwälte einen Artikel, der im November 2006 bei SPIEGEL ONLINE erschienen ist. Damals beschrieb SPIEGEL ONLINE, dass die systeminternen Fehlermeldungen (siehe Fotostrecke unten) überraschend freimütig das Wort "Fakebook" enthielten.

Den Vorwurf, dass StudiVZ ein Klon von Facebook sei, hatte im Oktober 2006 schon Blogger Michael Bumann erhoben und sehr detailliert begründet. Bumann führt in seinem noch immer online verfügbaren Beitrag unter anderem aus:

  • "der Aufbau und Ablauf der Seiten ist komplett identisch… (freunde hinzufügen, nachricht schicken, gruscheln (in facebook: poke), ... läuft alles gleich ab.)"
  • "Bilder wurden übernommen: z.B.: "images/magglass.png" gibts in studivz auch"
  • "Farbabstufungen sind identisch... halt nur rot/rosa"
  • "CSS angaben wurden übernommen: z.B. #squicklogin, und .profilebox ist komplett identisch. #qsearch heißt in studivz #quicksearch, usw."

Wie reagiert StudiVZ auf die Vorwürfe?

Im November 2006 erklärte StudiVZ-Mitgründer Ehssan Dariani SPIEGEL ONLINE: "Wir haben amerikanische Plattformen analysiert, die besten Ideen miteinander kombiniert und an die europäische Campuskultur angepasst. (...) Ideen bauen aufeinander auf und werden weiterentwickelt. Vor all den anderen heute bekannten Netzwerken gab es ebenso Vorläufer, die mehr oder weniger erfolgreich waren. Es würde ja heute auch niemand behaupten BMW sei eine illegitime Kopie von Mercedes, dem Erfinder des Automobils."

An diesem Mittwoch sagte StudiVZ-Boss Markus Berger-de Léon dem Kölner "Express": "Wir sehen der aktuellen Verhandlung gelassen entgegen, da wir die Vorwürfe für haltlos halten."

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[email protected] (web389) Netzwelt Thu, 30 Apr 2009 17:38:58 +0000
Maschinenmusik: So krass röhrt die CNC-Fräse (Spiegel Online, 20.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/786-maschinenmusik-so-krass-roehrt-die-cnc-fraese-spiegel-online-2042009 Maschinenmusik

So krass röhrt die CNC-Fräse

Ausrangierte Nadeldrucker, staubige Flachbett-Scanner und uralte Fräsmaschinen: Solcher Technikschrott blubbert, kreischt und dudelt aufs schönste - als Orchester. Hacker mischen die Klangkulissen antiquierter Hardware zu Maschinenmusik. SPIEGEL ONLINE zeigt die besten Konzert-Videos.

Spiegel Online, 23.4.2009

James Houston suchte eigentlich bloß ein gutes Thema für die Abschlussarbeit seines Designstudiums an der Kunsthochschule Glasgow. Im vorigen Sommer fand er nicht nur das, sondern begründete gleich auch ein neues merkwürdig-interessantes Webvideo-Genre: Alte, laute Maschinen lärmen Coverversionen bekannter Musikstücke.

Houston kam die Idee, als er im Radio Radiohead-Sänger Thom Yorke über einen Wettbewerb reden hörte, den die Band ausgeschrieben hatte. Die Leute sollten Remixe des Songs "Nude" einschicken, die besten sollten veröffentlicht werden. Die Aufgabe, aus dem bereitgestellten Material etwas zu basteln, war "verdammt schwierig", schreibt Houston zu seinem Video. Dann hörte er Radiohead-Sänger Yorke erzählen, man habe das mit Absicht so vertrackt gestaltet, um zu sehen, wie die Hobbymusiker auf so eine Herausforderung reagieren.

Designer Houston reagierte so: Er nahm einen Haufen ausrangierter Computer-Hardware und wies jedem Stück IT-Schrott einen der Parts zu:

 

  • den Gitarren-Part übernimmt ein Exemplar der britischen Heimcomputer-Legende Sinclair ZX Spectrum
  • als Schlagzeug druckt und röhrt ein alter Epson LX-81 Nadeldrucker
  • den Bass-Part spielt ein HP-Scanner (Scanjet 3c) mit dem Zirpen seines Schlittens und der Schrittmotoren

Diese Klangkulisse, kombiniert mit einer Reihe ratternder Festplatten, mischte Houston zu einem Radiohead-Remix, den er so charakterisiert: "Eine Sammlung alter Geräte versucht ihr Möglichstes, um etwas zu schaffen, wofür die Geräte gar nicht konstruiert wurden, und schafft es nicht."

Kurz gesagt: "Es klingt nicht gut, aber es soll auch nicht gut klingen."


Big Ideas (don't get any) from James Houston on Vimeo.

Eine gute Abschlussarbeit ist aus dem Maschinen-Orchester geworden, den Einsendetermin für die Radiohead-Remix-Bewerbung verpasste Houston allerdings knapp. Er schaffte es aber mit seinem Maschinenkonzert sogar in von Millionen Nerds gelesene US-Technikblogs wie Engadget - mehr als man mit den meisten Abschlussarbeiten schafft.

Inzwischen tauchen im Web von Houstons Hardware-Orchester inspirierte Filmchen musizierender Maschinen auf. Der Student hat ein Webvideo-Genre begründet.

Drucker, Disketten, Scanner - SPIEGEL ONLINE zeigt musizierende Computer-Hardware.

Die Atari-Band aus Toronto

Hardware-Hacker James Cochrane aus Toronto bastelte schon im vorigen Sommer, inspiriert von Houstons Video, seine eigene Hardware-Band. Mitglieder: Ein Commodore 64, Texas-Instruments-Heimrechner (Ti-99/4A) ein Analog-Modem und ein Nadeldrucker. Cochrane schwört in dem Kommentar zu seinem ersten Video: "Ich habe keine Effekte und kein Synthesizer-Material genutzt, der Sound wurde komplett aufgenommen, ein Teil des Ausgangsmaterials wurde beim Mischen verstärkt, da es im Vergleich zu leise war, konkret: der Drucker und das Modem."

Ohne Zugriff auf die Hardware kann man das bei Cochranes Clips ebenso wenig nachprüfen wie bei allen anderen vorgestellten Aufnahmen. Dass die Autoren mit ihren tatsächlichen Namen auftreten, macht die Beteuerung allerdings glaubwürdiger.

Bei diesem ersten Maschinenmusik-Clip schrieb Cochrane noch ausdrücklich dazu: "Das ist meine Videoantwort auf James Houstons Remix von Radioheads 'Nude'". In seinem aktuellen Clip, der derzeit die Runde im Web macht, fehlt dieser Hinweis allerdings.

Einige Blogs erwähnen nicht, dass die Ursprungsidee von Houstons Radiohead-Remix geborgt ist, was der Designer in seinem Blog verärgert kommentiert: "Ich bin froh, so etwas angestoßen zu haben. Aber ein wenig Aufmerksamkeit wäre nicht schlecht."

CNC-Fräse röhrt den Super-Mario-Sound

US-Bastler Tim Gispon aus dem Städtchen Medford bei Boston lässt seine CNC-Fräse auf YouTube Musik spielen. Er hat eine Software geschrieben, mit der man Midi-Klangdateien in Steuerbefehle für die CNC-Fräse umrechnen kann, Programm und Dokumentation kann man auf Gispsons Web-Seite herunterladen.

Und so klingt sie, die CNC-Fräse (hier beim Versuch, die Super-Mario-Melodie zu spielen).

Musik mit der Laser-Fräse

Im Februar machten die Hobby-Hacker der kanadischen Gruppe Hacklab aus Toronto ein Schnäppchen: Für 500 US-Dollar erstanden sie über den Gratis-Kleinanzeigenmarkt Craiglist eine lädierte Laser-Fräse von Universal Laser Systems - neu kostet die ULS-25P laut Hacklabs 20.000 Dollar.

Zwei Wochen später hatten die Hardware-Hacker das Gerät repariert, vor ein paar Tagen zeigte Informatik-Student Leigh Honeywell dann im Web, was man mit so einer Laser-Fräse und passender Steuerungssoftware auch machen kann: Musik.


lazzor music! from hypatia on Vimeo.

Diskettenlaufwerk sägt den "Star Wars"-Sound

Bevor Designer Houston auf die Idee kam, alte Hardware als Orchester spielen zu lassen, haben Hardware-Hacker schon lange mit einzelnen Geräten herumgespielt, die Melodien brummten, kreischten oder piepsten. In den Achtzigern und auch Anfang der Neunziger war die Hardware laut genug dafür. Vor allem aber hatten viele Geräte einen ganz eigenen Sound, der tatsächlich an mechanische Maschinen erinnerte, weil schließlich auch noch mehr Mechanik im Spiel war: Nadeldrucker kreischten, Diskettenlaufwerke klackerten und brummten, Flachbett-Scanner jaulten.

Den zu Melodien geronnenen Sound dieser Uralt-Hardware dokumentieren heute noch viele Clips im Web. Dieser kursiert seit Jahren im Netz: Ein altes Floppy-Laufwerk sägt beim Lesen einer 3,5-Zoll-Diskette die Imperiums-Melodie aus den "Star Wars"-Filmen. Das klingt großartig - doch ob diese Aufnahme authentisch ist, kann man mit weit weniger Gewissheit sagen als bei Houstons Orchester - der Urheber ist nicht aufzufinden. Aber eins steht fest: so klangen Diskettenlaufwerke tatsächlich:

HP erklärt Scanner-Konzerte

In Flachbettscanner treiben Schrittmotoren den Schlitten an und machen dabei sehr eigentümliche Geräusche. Hardware-Hersteller HP hatte einige klanglich besonders interessante Geräte im Angebot: Die Steuerungssoftware SCL (Scanner Control Language) für die Modell ScanJet 3c und 4c verstand einige undokumentierte Befehle zum Beeinflussen der Motorengeräusche.

Wie man diese Steuerungssoftware nutzen kann, um die HP-Scanner Noten spielen zu lassen, erklärte HP im Februar 1997 selbst in einem Artikel im "HP Journal" (PDF-Dokuemnt). Und so klang ein HP-Scanner.

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[email protected] (web389) Netzwelt Sat, 25 Apr 2009 16:35:38 +0000
Krawall-Komik: Pac-Man stürmt Supermarkt (Spiegel Online, 20.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/784-krawall-komik-pac-man-stuermt-supermarkt Krawall-Komik

Pac-Man stürmt Supermarkt

Rémi Gaillard ist in Frankreich mit Web-Videos zum Star geworden: Er frisst als Pac-Man Supermärkte leer, trauert im Hühner-Kostüm um Fast Food, stellt Polizisten Knöllchen aus und jagt als Hai verkleidet Strandurlauber mit Rasierschaum.

Spiegel Online, 20.4.2009

Die alte Dame mit dem Einkaufstrolley bleibt ungläubig im Supermarkteingang stehen: Ein Wesen in gelben Leggings und Smiley-Kostüm mit weit aufgerissenem Mund rennt ihr entgegen, hetzt an der Backtheke vorbei, stürmt in den Supermarkt - gejagt von vier Geistern in Pink, Blau, Rot und Orange. Wer sich in der Videospiel-Geschichte etwas auskennt, erkennt die fünf Gestalten, die einen Supermarkt im französischen Mittelmeerstädtchen Montpellier stürmen, als Figuren aus dem Spiel Pac-Man.

In den Gängen dieses Supermarktes spielen die fünf kostümierten Franzosen dann vor laufender Kamera und ahnungslosem Publikum Pac-Man nach - zu sehen in einem YouTube-Video. Der gelbe Allesfresser schnappt sich unterwegs, was er an herumliegendem Krempel kriegen kann, weicht den Geistern aus und jagt sie, sobald er eine Superkräfte verleihende Erdbeere erwischt hat.

Den Pac-Man spielt in dem Video der Komiker Rémi Gaillard. In Frankreich ist der 34-Jährige mit Web-Videos ein Star geworden. Seine kurzen Filme funktionieren allesamt so wie der Pac-Man-Clip: Versteckte Kamera filmt absurde Gags vor ahnungslosen Menschen. Gaillard stürmt als Pac-Man nicht nur durch den Supermarkt. Er rennt auch in ein Billard-Bistro und klaut Kugeln. Und er läuft über einen Golfplatz, wo er sich einen Ball schnappt - daraufhin prügelt ihn ein Golfer mit seinem Schläger.

Das Pac-Man-Video endet, als Gaillard zum dritten Mal hinfällt. Nach der Logik des Computerspiels hat er damit sein drittes Leben verloren, im Film wird er von den Sicherheitsbeamten des Supermarkts eingefangen. Ein großartiges Bild: Einem uniformierten Wächter gelingt es nur mit Mühe, Gaillard in seinem dicken, gelben Pac-Man-Kostüm zu umfassen - um dann die grinsende, gelbe Kugel in Richtung Ausgang zu schleifen.

Mit solch intelligenter Krawall-Komik ist Gaillard berühmt geworden, in Frankreich zumindest. Basis für Gaillards Ruhm ist nicht eine Fernsehshow, sondern das Web: Mehr als hundert Clips hat er bei Dailymotion und YouTube veröffentlicht, eine Übersicht findet man auf seiner Website Nimportequi.com und inzwischen hat er auch eine Facebook-Fanseite. Die betreibt er seit 2001. Seitdem haben laut Gaillards Rechnung Zuschauer die Filme mehr als 280 Millionen Mal angesehen.

Der Name seiner Seite ist Teil von Gaillards Slogan, der am Ende jedes Clips steht: "C'est en faisant n'importe quoi qu'on devient n'importe qui" - auf Deutsch heißt das sinngemäß: "Wenn du irgendwas machst, wirst du irgendwer." Das hat denselben schnodderig negativ-überhöhenden Beiklang wie der flachere deutsche Spruch "Wer nichts wird, wird Wirt".

Astronaut ärgert Golfer

Geworden ist aus Gaillard durchaus etwas: Er verdient inzwischen auch mit Werbefilmen Geld, die er für Firmen wie Orangina und Nike dreht. Die Unternehmen zahlen für den Gaillard-Stil - und von Stil kann man sehr wohl sprechen. Gaillard ist kein simpler Klamauk-und-Krawall-Komiker, seine Gags und Clips folgen ganz eigenen visuellen und strukturellen Gesetzen.

Da gibt es die einfachen Einschleich-Tricks. Gaillard zieht sich ein Kostüm an (er trägt fast immer Verkleidungen) und kommt je nach Ort und Anzug als Volleyballer, Fußballspieler oder Tennisprofi aufs Feld, um dann das Publikum zu verstören, weil er sich so ganz anders verhält als man es von Menschen in Sport-Uniform auf dem Platz erwartet.

In anderen Clips ist die Komik subtiler: Gaillard trägt eine Verkleidung, die nur im gefilmten Bild zum Ort passt. Wenn er im Astronauten-Anzug in einem Caddy über den Golfplatz fährt, um sich mit langsamen, federnden Schritten eine Fahne zu schnappen, sieht das mit dem entsprechendem Klang im Film nach Mondlandung aus. Die Golfer verstehen die visuelle Logik nicht, sie sehen nur einen Störenfried im Schutzanzug, der ihnen das Spielgerät klaut - umso witziger!

Es gibt sehr laute Gaillard-Clips (er hüpft im Känguru-Kostüm herum und tritt einen Golfer ins Wasser, greift in Hai-Verkleidung Urlauber an), aber auch ganz stille, die wunderbar absurd, aber eben kein Schenkelklopfer sind: Da kriecht Gaillard als Schnecke auf einer Straße vor einer hupenden Autokolonne her, legt als Huhn an einer Händl-Braterei Blumen nieder oder wird neben Passanten als Banane verkleidet von einem Mitspieler im Gorilla-Kostüm erschlagen und fortgeschleift.

So brillant viele dieser Clips sind, so wenig Aufhebens macht Gaillard im Interview darum. Seine Version seiner Lebensgeschichte klingt so: Er begann mit der Filmerei, als und weil er 1999 seinen Job als Schuhverkäufer verlor. Dem deutschen Auslandsfernsehen DW-World erzählte Gaillard: "Ich mache die Filme nur, damit ich mein eigener Chef sein kann. Wenn ich morgens aufstehe, entscheide ich selbst, was ich machen will. Ich mache, was ich will, und ich habe Spaß dabei."

Seinen ersten Clip drehte er in einer Autowaschanlage: Gaillard duschte sich dort, ein Freund filmte die Reaktion der Kunden. Landesweit bekannt wurde Gaillard 2002, als er nach dem Endspiel um den französischen Fußballpokal im Trikot des Gewinnerteams Lorient auf den Rasen lief, mitfeierte und vom damaligen Präsidenten Jacques Chirac beglückwünscht wurde. Als feiernder Lorient-Spieler gab Gaillard damals Autogramme, Interviews und erschien im Fernsehen, in Zeitungen und angeblich auch auf einem Foto im Jahrbuch des französischen Fußballverbands.

 

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[email protected] (Konrad Lischka) Netzwelt Thu, 23 Apr 2009 17:46:55 +0000
"Time 100": Web-Guerilla manipuliert US-Promi-Wahl (Spiegel Online, 17.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/783-qtime-100q-web-guerilla-manipuliert-us-promi-wahl-spiegel-online-1742009 "Time 100"

Web-Guerilla manipuliert US-Promi-Wahl

Das US-Magazin "Time" will sich bei seiner Wahl der 100 einflussreichsten Personen des Jahres mit einer Pseudo-Wahl im Web schmücken und nimmt sogar Web-Guerillero Moot als Kandidaten auf. Die Reaktion: Hacker knacken das Abstimmsystem und führen das PR-Spiel ad absurdum.

Spiegel Online, 17.4.2009

"Jahr für Jahr entscheidet die Redaktion des US-Magazins "Time", wer denn dieses Mal zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt gehört. 2009 können die Online-Leser von "Time" aus einer Liste von 203 Vorschlägen ihr eigenes "Time 100"-Ranking wählen. Zu den von der Redaktion vorausgewählten Personen gehören Politiker wie Barack Obama, Manager wie Steve Ballmer und der Mehrheit der "Time"-Leser bislang wohl vollkommen unbekannte Persönlichkeiten wie Moot.

Herr Moot steht derzeit auf Platz eins dieser Liste und hat mehr Stimmen gesammelt als die übrigen Kandidaten in der Top Ten zusammen - zweifelsohne ein Hack.

Wer bitteschön ist Moot?

Moot heißt ein junger Mann im Netz, der das Web-Forum 4chan gegründet hat. Das Forum war eigentlich als Tausch- und Zeigebörse für Anime-Bildchen gedacht, ist aber inzwischen zu einem Treffpunkt für Millionen von Menschen geworden, von denen einige anonyme, anarchische und großartige Netzstreiche ausgebrütet haben. Einige der Web-Phänomene, die ihren Ursprung in den 4chan-Foren genommen haben:

  • Lolcats, niedliche Katzenfotos, garniert mit absurden Sprüchen und einer ganz eigenen Grammatik
  • ein Google-Hack, bei dem ein Hakenkreuz und die Sätze "Scientology is a Cult" und "Fuck you Google" an die Spitze der Google-Hot-Trends-Liste gedrückt wurden
  • das Anti-Scientology-Projekt "Chanology"

Wenn man all diese albernen, dämlichen, lustigen und bisweilen sehr schlauen Späße auf einen Nenner bringen will (und den abstoßenden Müll im 4chan-Forum ignoriert), könnte der lauten: Öffentlichkeits-Hack.

Die bei 4chan erdachten Web-Streiche binden, kanalisieren und erzeugen Öffentlichkeit mit ganz anderen Mitteln und Methoden als die klassischen Massen- und die meisten Netzmedien: Bei den aus 4chan ins Web wuchernden Ideen, Phrasen und Bildmontagen treibt nicht eine übergeordnete Instanz die Popularität hoch, sondern zunächst ein anonymer Mob, den auch Herr Moot nicht steuert.

Dass dieser Moot nun in der "Time"-Liste auftaucht, ist vor diesem Hintergrund absurd und entlarvend zugleich: "Time" nennt Moot eine einflussreiche Persönlichkeit, obwohl die Macht des von ihm gegründeten Forums aus der Struktur, der Anonymität, Vielfalt, Vernetzung und Regelarmut resultiert.

"Time" baut den Lesern einen Demokratie-Sandkasten

Dass "Time" statt Strukturen lieber Personen einflussreich nennt und als solche wählen lässt, ist bezeichnend: Dieselbe Denkweise, die diese Auswahl prägt, offenbart sich auch im Procedere der sogenannten Wahl der "Time 100". Das ganze Wahl-Getue ist eine Farce, die dem Event einen modernen, hippen, netzaffinen Anstrich verleihen soll.

Denn wer als wichtig postuliert wird, bestimmt letztendlich die "Time"-Redaktion: Wer in der 100er-Liste im Heft auftaucht, entscheiden nicht die Leser, sondern die "Time"-Macher. Im Web hat man einen kleinen Sandkasten fürs Publikum gebaut, wo die Leser etwas Netzdemokratie spielen und aus 203 vorab ausgewählten Kandidaten ihre Favoriten wählen dürfen. Die redaktionelle Vorauswahl markiert die Grenzen des Sandkastens. Und was die Web-Nutzer hier bauen, wird den Web-Spielplatz von "Time" nicht verlassen: Die im Magazin abgedruckte "Time 100"-Liste bestimmt die Redaktion allein, die Abstimmung im Web hat damit nichts zu tun.

Jemanden wie Moot in diese zynische Pseudo-Wahl aufzunehmen, ist berechnend ("Time" demonstriert: Wir nehmen die Web-Öffentlichkeit ernst). Aber die so wunderbar eingefädelte, eingeschränkte und durchgeplante PR-Veranstaltung ist den Machern in aller Öffentlichkeit außer Kontrolle geraten: Aktuell (Freitag, 10 Uhr) führt Moot die Liste der Leserwahl mit knapp 17 Millionen Stimmen an - der nächst plazierte Kandidat hat gerade mal gut 2 Millionen Stimmen.

Öffentlichkeits-Hack führt "Time" vor

Hier manipuliert augenscheinlich jemand die Pseudo-Wahl. Der Öffentlichkeits-Hack ist auf den zweiten Blick noch weit raffinierter als ein simples Moot-nach-oben: Reiht man die Anfangsbuchstaben der ersten 23 Kandidatennamen auf dieser Liste hintereinander, liest man diesen Nonsens-Satz: "Marble cake also the game."

Offenkundig beeinflusst jemand die "Time"-PR-Abstimmung so raffiniert, dass seit Tagen das Stimmverhältnis der Kandidaten immer so austariert bleibt, dass die Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen diesen Gaga-Satz ergeben. Wie könnte man den Unsinn eines solchen 100-Machtmenschen-Ranking deutlicher zeigen?

Hier legt ein Medium eine mehr oder minder willkürliche Rangfolge fest, letztendlich allein um einer interessanten Rangfolge willen, die Aufmerksamkeit fürs Blatt bringt und Diskussionen provoziert. Niemand glaubt wirklich, dass Person eins im "Time"-Ranking mächtiger ist als Person zwei und drei. Aber so eine Abfolge ist interessant - ganz einfach, weil es eine Abfolge ist. Der Wert dieser Aussage ist letztlich derselbe wie der einer Rangfolge, die eben dem Prinzip folgt, dass die Anfangsbuchstaben den Satz "Marble cake also the game" bilden.

Diesen großartigen Hack hat zuerst der Apple-Programmierer Paul Lamere in seinem Blog beschrieben. Wenig später meldete sich ein anonymer Web-Nutzer, der angeblich am "Time-100"-Hack beteiligt war und erklärte ihm, wie das technisch funktionierte. Einfach gesagt: Anfangs war es nur möglich, Moot in der List nach oben zu wählen. Die Abstimmung war anfangs technisch nicht besonders aufwendig geschützt, so dass kleine Programme, sogenannte Autovoter, sehr schnell Moot nach oben und die anderen Kandidaten nach unten stimmen konnten.

Dann löschte "Time" die offenkundig manipulierten Abstimmungsergebnisse, spielte offensichtlich einen älteren Stand aus einem Backup ein und ergänzte die Web-Abstimmung um einige Sicherheitsmechanismen.

Die im 4chan-Forum organisierten Hacker nahmen auch diese neuen Hürden, manipulierten die Abstimmung weiter und schafften es schließlich mit etwas Glück, viel Arbeit, zwei Perl-Skripte (mit angeblich weniger als 200 Codezeilen) zu schreiben und so einzusetzen, dass bis zu 50.000 Stimmen in der Minute von einem Server abgegeben werden können, so dass die Namenskombination "Marble cake also the game" konstant an der Spitze der "Time 100"-Liste bleibt. Marble Cake soll der Name des Internet-Relay-Chat-Kanals gewesen sein, in dem die Kriegserklärung der Anonymous-Hacker an Scientology erdacht wurde.

Und so hat sich die anonyme Web-Guerilla, für die in dieser Pseudo-Wahl angeblich mächtiger Menschen kein Platz war, einen Platz in dieser Liste erkämpft. Oder richtiger: Die ersten 21 Plätze.

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[email protected] (web389) Netzwelt Sun, 19 Apr 2009 13:38:38 +0000
Gaga-Technik: Programmierer baut erste Fototwitter-Katzenklappe der Welt (15.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/781-gaga-technik-programmierer-baut-erste-fototwitter-katzenklappe-der-welt-1542009 Gaga-Technik

Programmierer baut erste Fototwitter-Katzenklappe der Welt

Ioan Ghip hatte ein Problem - Nachbarskatzen kamen durch die Katzenklappe und fraßen seinen Tieren das Futter weg. Die Lösung des Programmierers: Eine Hightech-Katzenklappe, die nur seine eigenen Katzen per Funkchip öffnen können. Nebenbei fotografiert und twittert das Gaga-Wundertürchen auch noch.

Spiegel Online, 15.4.2009

"285 Mal haben Gus und Penny seit dem 20. März ihre Wohnung verlassen. Die beiden Katzen leben in der Garage neben dem Vororthäuschen des US-Programmierers Ioan Ghip. Nach draußen kommen sie, wann immer ihnen danach ist, durch eine Katzenklappe in der verspiegelten Eingangstür auf die betonierte Einfahrt und dann raus in die Vororte von Salem in Oregon. Im Durchschnitt schleicht jeder der Einwohner täglich 5,71 Mal nach draußen.

Ioan Ghip weiß noch mehr über die Spaziergänge seiner Katzen: Gus, der puschelige schwarze Kater mit den gelben Augen, bleibt gerne länger draußen - ein paar Stunden ist er oft unterwegs. Seine Mitbewohnerin, die graugetigerte Penny geht oft nur mal vor die Katzenklappe: 20, 30 oder auch 5 Minuten.

Programmierer Ghip kennt das Ausgehverhalten seiner Katzen so genau, weil er ihnen die wohl erste fototwitternde Katzentür auf diesem Planeten gebastelt hat: Penny und Gus tragen Halsbänder mit winzigen Katzentür-Ausweisen, sogenannten RFID-Chips. Diese passiven (also batterielosen und daher sehr leichten) Funkchips melden der Katzentür, wer da gerade rein- oder rauswill.

Einmal erfolgreich identifiziert, aktivieren die Funkchips nicht nur den Türöffner, sondern gleich auch eine Kamera und einen Twitter-Bot (Erklärung zu Twitter im Kasten unten), der das Katzentürfoto um einen zufällig ausgewählten Kommentar ergänzt und auf dem Mikroblog der beiden Katzen veröffentlicht.

Die Software bedient sich aus einer kleinen Sprachdatenbank und ergänzt die simple Statusmitteilung (Gus oder Penny kommt gerade rein oder geht raus) mit einem kleinen Gag. Die letzten Aktivitäten der Garagenbewohner beschreibt ihr Twitter-Blog so:

  • 14. April 0:33 Uhr: "Penny ist zurück, um in die Schuhe ihrer Besitzer zu kotzen."
  • 14. April 0:27 Uhr: "Penny geht raus, um ein Geräusch zu überprüfen."
  • 13. April 21:42 Uhr: "Gus kommt rein, um Penny zu ärgern."
  • 13. April 21:07 Uhr: "Penny kommt nach Hause, um mit ihrer Spielzeugmaus zu trainieren."
  • 13. April 19:41 Uhr: "Gus geht raus, um auf der Veranda zu hocken."

Die Twitter-Katzentür hat der 39-jährige Ghip, der eigentlich als Programmierer bei einer Telekommunikations-Firma arbeitet, nebenbei gebaut.

Zehn Arbeitsstunden und 100 US-Dollar fürs Material

Eigentlich wollte er nur ein paar praktische Probleme lösen, erzählt er SPIEGEL ONLINE. Als im vorigen Dezember seine Tochter Madeline zur Welt kam, zogen die Katzen in die Garage um, die Ghip mit einer ganz normalen Katzenklappe ausstattete - Problem Katzenwohnung gelöst.

Beim Füttern der beiden musste Familie Ghip dann aber feststellen, dass sich immer wieder Nachbarskatzen durch die Katzenklappe zum Gratis-Fressen ans Garagenbuffet schlichen. Also musste Ghip eine Lösung für das Mitfresser-Problem finden.

Diese Lösung sieht so aus, wie man es bei einem Programmierer erwarten darf: Für einen US-Dollar pro Stück bestellte Ghip im Online-Handel passive Funkchips und einen RFID-Ausleser (60 US-Dollar), der solche Chips aus einigen Zentimetern Entfernung abfragt. Dazu kaufte Ghip für 40 US-Dollar einen Servomotor mit passendem Controller, der die Katzenklappe auf- und zumacht.

Handwerklich sei das Projekt gar nicht aufwendig gewesen, erklärt Ghip: "Mit etwas Zeit und Werkzeug schafft es jeder, so eine Katzenklappe zu installieren, den Servomotor und RFID-Leser anzuschließen." Die eigentliche Herausforderung sei es gewesen, die Steuerungssoftware zu schreiben. Programmiert hat Ghip das Katzentür-Betriebssystem in der Programmiersprache Delphi - eine Woche lang bastelte er abends an der Software herum, dann lief das System.

Knapp zehn Arbeitsstunden und 100 US-Dollar fürs Material hat die Katzentür Ghip gekostet. "Wenn ich viele Anfragen erhalte, werde ich vielleicht Bausätze verschicken", sagt Ghip. Das Interesse dürfte groß sein - der Erfinder der Cat-Cam (Umhänge-Kamera für Katzen) Jürgen Perhold verschickt sein Bastelprojekt inzwischen als Bausatz an Katzenfans weltweit.

Gesteuert wird die Installation von einem alten Laptop, an den Ghip den RFID-Leser und den Servo-Controller angeschlossen hat. Beide holen sich den nötigen Strom über USB-Kabel vom Laptop. Wenn eine der Katzen vor der Tür steht, prüft der Rechner die Signale des RFID-Chips, identifiziert die Katze, gibt die Klappe frei und veröffentlicht eine entsprechende Nachricht ("Penny geht raus") auf dem Twitter-Mikroblog der Katzentür.

Die RFID-Chips an den Halsbändern der Katzen sind kleiner als ein Daumennagel und mangels Batterie sehr leicht - Gus und Penny stört der Identifizierungschip nicht, sagt Programmierer Ghip.

Anfang April hat Ghip die Katzentür-Installation um eine Webcam bereichert. Nun kann man sich auf Twitter auch ein Foto jedes Katzen-Besuchs ansehen. Ghips 11-jähriger Sohn Vlad hat seinem Vater mit der Webcam einen großartigen Streich gespielt: Er setzte ein Kuscheltier-Schaf vor die Tür, aktivierte von innen mit der Hilfe einer Katze die Klappe und die Webcam - die ein Foto des Schafs schoss. Vlad erzählte den Eltern von dem "merkwürdigen" Tier, das eben vor der Garage stand, Programmierer Ghip schaute sich erst das Webcam-Foto statt des Originals an, sah das wuschelige Tier auf dem Beweisfoto, lief raus - und hörte dann seinen Sohn lachen.

So funktioniert Humor in Programmierer-Familien.

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[email protected] (web389) Netzwelt Thu, 16 Apr 2009 17:28:35 +0000
Suggestive Vorschläge: Google rät zur Raubkopie-Suche (Spiegel Online, 8.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/780-suggestive-vorschlaege-google-raet-zur-raubkopie-suche Suggestive Vorschläge

Google rät zur Raubkopie-Suche

Neues Haftungsrisiko für Google: Wer Software sucht, dem empfiehlt die automatische Vorschlagsfunktion der Seite gern mal, nach Raubkopien, Knack-Programmen und Tauschbörsen-Downloads zu fahnden. Rechtsexperten sehen den Konzern in Abmahngefahr.

Spiegel Online, 8.4.2009

Wer Magazine, Logos, Webseiten oder sonst etwas am Rechner gestaltet, benutzt dazu meist Software der US-Firma Adobe, dem Platzhirschen des Grafik-Software-Marktes. Das aktuelle Programmpaket Creative Suite (abgekürzt Adobe CS4) kostet im Handel knapp 1400 Euro, Studenten sind mit 180 Euro dabei.

Aber es geht auch billiger: Google rät dazu, sich die Software kostenlos zu besorgen. Tippt man in der Google-Suche "Adobe CS" ein, hat die Suchmaschine ein paar interessante Vorschläge, was man denn stattdessen eingeben sollte: Raubkopien, Cracks, Tauschbörsen-Downloads. .

Einige konkrete Ergänzungsvorschläge von Google bei der Eingabe von "Adobe CS":

 

  • "Adobe CS4 Keygen"
  • "Adobe CS4 Torrent"
  • "Adobe CS4 Crack"
  • "Adobe CS3 Keygen"
  • "Adobe CS3 Download"

Auch bei Microsofts Office und populären Büchern und Filmen wie "Harry Potter und der Stein der Weisen" liefert Googles Dienst Suggest zwielichtige Suchvorschläge: Torrent? Rapidshare? Wer die vorgeschlagenen Suchergänzungen anklickt, bekommt auf der ersten Trefferseite durchaus Links zu einschlägigen Quellen, die Raubkopie-Downloads vermitteln.

Google: Wir filtern so was nicht

Dass Google solche Suchergebnisse liefert, ist weder neu noch skandalös. Neu ist an Suggest allerdings, dass Nutzer gar nicht aktiv nach Raubkopie-Quellen suchen müssen, um entsprechende Vorschläge zu erhalten. Google-Sprecher Stefan Keuchel erklärt die Ergebnisse so: "Die Vorschläge von Google Suggest werden über populäre Anfragen von unseren Nutzern generiert. Dies geschieht vollautomatisch und wird - wenn man von SafeSearch absieht - nicht von Google gefiltert."

Google richte sich allein nach der Beliebtheit bestimmter Vorschläge und bewerte selbst nicht, was "ein gutes oder ein schlechtes Schlüsselwort" sei. Nutzer sollten Vorschläge melden, die zu "illegalen oder anstößigen Inhalten" führen. Google biete dafür ein eigenes Formular.

Diese Argumentation, man sei nur Vermittler, ist nachvollziehbar und bekannt. Ob das deutsche Gerichte bei den suggestiven Suchvorschlägen von Google Suggest allerdings auch so sehen werden, wenn Rechteinhaber klagen, bezweifeln Rechtsexperten. Thomas Hoeren, Jura-Professor für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht in Münster, sagt SPIEGEL ONLINE: "Die Vorschläge von Google Suggest haben eine andere Qualität als die Thumbnails, für die Google haftbar gemacht wurde. Wenn die Suchmaschine vorschlägt, eine Suche nach womöglich das Urheberrecht verletzenden Inhalten zu starten, ist das ein erleichterter Zugang zu entsprechendem Material."

Jurist: "Google hat hier wahrscheinlich ein Problem"

Jurist Hoeren sieht daher Probleme für Google: "Das Unternehmen hat hier wahrscheinlich ein neues Haftungsproblem." Wie deutsche Richter den Fall bewerten, wisse man natürlich erst, wenn Rechteinhaber entsprechende Klagen anstrengen.

Bei den von Hoeren erwähnten Entscheidungen (Az OLG 308 O 248/07; Az LG 308 O 42/06) entschieden Richter, dass Googles Suchmaschine Daumennagel-große Voransichten von Bildern nicht gegen den Willen der Rechteinhaber in Ergebnislisten zeigen darf. Hoeren: "Bis zu diesen Urteilen dachte man, Google sei in Deutschland kaum für Suchergebnisse haftbar zu machen, aber das Gericht sah ja sogar T-Online wegen der Übernahme von Google-Suchergebnissen als Mitstörer an."

Haftet Google als Mitstörer?

Wann der Betreiber einer Web-Seite für die Inhalte haftbar ist, lässt sich in Deutschland gar nicht so einfach sagen. So muss ein Hoster (ein Unternehmen, bei dem man Daten "parken" kann) wie Rapidshare laut Düsseldorfer Landgericht (Az.: 12 O 246/07) sämtliche Links vor der Aktivierung prüfen, auch wenn der dadurch entstehende Prüfaufwand das Geschäftsmodell gefährdet. Anwalt Christian Solmecke kennt viele solcher Urteile: "Ähnliche Entscheidungen gab es auch bezogen auf zahlreiche Forenbetreiber, wobei allerdings jeweils auf die einzelnen Umstände abgestellt werden muss."

Abgesehen von den Bildervoransichten blieb Google bislang von solchen Störerhaftungsurteilen weitgehend verschont. Anwalt Solmecke: "Die deutschen Gerichte tendieren derzeit ganz deutlich dazu, Google nicht für die angezeigten Suchergebnisse haften zu lassen. Begründet wird dies in der Regel damit, dass Google keine Kontrolle über die Suchergebnisse hat, da letztlich ein technischer Mechanismus für die Auswahl der Treffer verantwortlich ist."

So hat zum Beispiel das Landgericht Hamburg Anfang des Jahres entschieden, Google hafte nicht für Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die in den angezeigten Textpassagen enthalten sein können, weil das Unternehmen nicht alle Textschnipsel im Suchmaschinen-Index ständig vorab prüfen könne (Az. 324 O 867 /06).

"Google bringt Leute auf womöglich illegale Ideen"

Bei den suggestiven Suchempfehlungen nach Raubkopien und Crack-Tools könnte ein Gericht allerdings gegen Google entscheiden. Jurist Solmecke konstruiert diese Parallele: Der Betreiber einer Web-Seite, die indirekt auf Keygeneratoren und Crack-Seiten verlinkt, kann dafür als Mitstörer haftbar gemacht werden. Solmecke: "Letztlich ist das auch einleuchtend, denn der Betreiber hatte Einfluss darauf, was er auf seiner Seite präsentiert und was nicht."

Und genau das könnte laut Solmecke auch auf Google Suggest zutreffen: "Wenn Google nun vorschlägt, sich durch das Hinzufügen des Suchwortes Keygen oder Cracks so eine Seite generieren zu lassen, dann ist das meines Erachtens mit dem Fall der aktiven Zusammenstellung einer entsprechenden Seite vergleichbar. Die Gegenfrage muss immer lauten: Ist es Google möglich, den Rechtsverstoß zu verhindern?"

Das ist bei einem eigens programmierten Empfehlungsextra wie Suggest vermutlich machbar. Solmecke: "Google ist es ohne Probleme möglich, einen Filter in sein Suggest-Tool einzubauen, welcher kritische Begriffe wie Cracks oder Keygen erst gar nicht vorschlägt. Die besondere Brisanz der Suggest-Funktion liegt darin, dass der Nutzer auf womöglich illegale Ideen gebracht wird, die er vorher nicht gehabt hätte."

Ob deutsche Gerichte Google hier in die Pflicht nehmen oder nicht, wird man erst sehen, wenn die ersten Rechteinhaber Klagen anstrengen.

Anfragen von SPIEGEL ONLINE zur Bewertung der Suggest-Ergebnisse konnten Microsoft und Adobe innerhalb von 24 Stunden nicht beantworten - Begründung bei beiden Firmen: Der Sachverhalt werde "in den Vereinigten Staaten geprüft".

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[email protected] (web389) Netzwelt Thu, 09 Apr 2009 20:58:07 +0000
Microsofts Suchmaschinen-Taufe: Heute schon gebingt? (Spiegel Online, 6.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/778-microsofts-suchmaschinen-taufe-heute-schon-gebingt-spiegel-online-642009 Microsofts Suchmaschinen-Taufe

Heute schon gebingt?

Kiev? Kumo? Bing? Software-Riese Microsoft sucht mal wieder einen Namen für seine Super-Suchmaschine. Im Sommer soll das Web-Wunder starten - über die bisherigen Namensvorschläge spotten sogar Microsoft-Entwickler.

Spiegel Online, 6.4.2009

"Google das mal", hat jeder Deutsche schon einmal gesagt, der häufiger das Internet nutzt. Der zum Verb umgemodelte Marken- und Firmenname steht sogar im Duden. Microsoft hat so eine Verb-Werdung nicht geschafft - so kann man all die Probleme des Software-Konzerns mit dem Web recht kurz und anschaulich beschreiben. Niemand weiß, wie Microsofts Web-Suche eigentlich heißt. Und niemand denkt darüber nach, weil das Angebot kaum genutzt wird.

Im Sommer will Microsoft das mit einer neuen Suchmaschine endlich ändern. Der neue Dienst soll Suchergebnisse "menschenlesbar" machen, sich an den "wesentlichen Anliegen" der Kunden orientieren, erzählt Microsoft-Suchchef Stefan Weitz in Interviews. Was das konkret bedeutet, weiß außerhalb von Microsoft noch niemand; wie der Dienst heißen soll, wissen wohl noch viel weniger Menschen. Microsofts Suchmaschinentaufe ist inzwischen ein Dauerwitz im Web - die bisherigen Ideen waren so merkwürdig, dass eine Schar von Bloggern und Journalisten sehr aufmerksam jeden Hinweis verfolgt.

Nun ist es wieder einmal so weit: Der US-Fachdienst ZDNet hat Microsoft-Markenanträge entdeckt, die den Begriff "Bing" schützen. Bing? Bing, so soll laut Antrag 77681512 beim US-Patent- und Markenamt (USPTO) eine Website heißen, die "Links zu geografischen Informationen, Landkartenbildern und Routenplanern" bietet. Und "Bing" soll auch (Antrag 77681498) eine "Computer-Suchmaschinen-Software" heißen. Die Domain bing.com ist schon auf Microsoft registriert.

Bing? So wie: "Ich habe das gebingt"? Klingt komisch, aber immerhin kann man das aussprechen. Bevor Bing auftauchte, drohte aus der neuen Microsoft-Suche Kumo zu werden. Kumo, das erklärt Mircosoft-Markenantrag 77626901 vom vorigen Dezember für eine "Computer-Suchmaschinen-Software" diesen Namen, bedeute im Japanischen sowohl "Spinne als auch Wolke".

Das ist ein wunderbar wolkiger Name für eine Suchmaschine, der als Verb aber so gar nicht funktioniert. "Ich kumoe das mal?" Im Englischen klingt das nicht besser: "kumoed", "kumod" oder gar "kumd"?

Klingt nicht, aber immerhin gibt es auf diesem Planeten heute schon Menschen, die "kumoed" sagen. Laut BBC hat der Brite Rob Wilson ein merkwürdiges Spiel namens Kumo erfunden: Man erzählt jemandem eine möglichst absurde, aber irgendwie doch glaubwürdige Lügengeschichte. Wenn das Opfer sie jemandem weitererzählt, wurde es "kumoed". Man kann Kumo also aussprechen - allerdings in einem für eine Suchmaschine eher unvorteilhaften Zusammenhang.

Die Domain kumo.com gehört inzwischen auch Microsoft. Dass daraus je eine Marke wird, ist inzwischen wohl recht unwahrscheinlich, nachdem sich Microsoft-Boss Steve Ballmer bereits öffentlich über den Namen lustig gemacht hat. In einem Pressegespräch im März soll er laut dem "Silicon Alley Insider" auf die Frage nach Kumo gewitzelt haben: "Nun, wir brauchen einen Namen. Kumo, das ist ein interessanter Name."

So interessant, dass Microsoft-Manager Kumo zum Gegenstand von Aprilscherzen machten. In einer internen E-Mail, die das "Wall Street Journal" zitiert, teilte Microsoft-Manager Brian MacDonald am 1. April den Kollegen mit, das Marketing habe die geniale Idee gehabt, Kumo einfach umzudrehen und die neue Microsoft-Suchmaschine Omuk zu nennen. In der so selbstironischen wie witzigen E-Mail erklärte MacDonald, warum:

  • "Einer der wirklich cleveren Produktnamen aller Zeiten ist der des Betriebssystems GNU, was für Gnu ist nicht Unix steht, und wo das G gar nichts bedeutet. Irgendwie schrullig und lustig." In diesem Stil heiße Omuk: "Omuk means unlimited knowledge" (Omuk bedeutet unbegrenztes Wissen)
  • "In Tests hat Omuk sehr gut bei Eigenschaften wie 'stärkend', 'organisiert' und 'warm/flaumig' abgeschnitten."

Dieser E-Mail hat MacDonald einen Screenshot des neuesten Omuk-Layouts ("mit den wichtigsten Bereichen") angehängt. Als Bereiche sieht man: Bilder, Videos, Einkaufen, Nachrichten - und: Erwachsenenunterhaltung.

Die Marketing-Realität ist allerdings noch absurder als dieser Aprilscherz: Der Marktanteil von Microsofts Suchmaschinen ist seit 2005 weltweit um 61 Prozent gesunken. Yahoo verlor 41, Google gewann 31 Prozent.

Das Absurde daran ist, dass Microsoft in dieser Zeit viel Arbeit, Geld und Marketingmühen in den Aufbau brauchbarer und bekannter Web-Dienste gesteckt hat.

  • 1998 startete die Microsoft-Suchmaschine als MSN Search (mit zugelieferten Suchergebnissen des Dienstleister Inktomi).
  • 1999 verknüpfte MSN Search Suchergebnisse der Dienstleister Looksmart, Inktomi und zwischenzeitlich auch von Altavista, bis Microsoft eine eigene Suchtechnologie fertig hatte und einsetzte.
  • 2006 wurde aus MSN Search Windows Live Search, 2007 verschwand das Windows aus dem Namen und Live Search wurde zu einem eigenen Angebot außerhalb der "Windows Live"-Produktgruppe.

Das Kuddelmuddel könnte noch viel größer sein - schon eine kleine Recherche fördert ein halbes Dutzend Namensideen zutage, die bei dem Windows-Konzern wohl einmal für die Suchmaschine kursierten. Die witzigsten:

  • Kiev. Sucht man mit Live Search auf der Seite kumo.com, taucht als erster Treffer dieser Satz aus einer Selbstdarstellung auf: "Get to know Kiev Search. Search the web."
  • Hook. Laut ZDNet war 2008 der Name "Hook" noch ein starker Konkurrent für "Bing" und "Kumo" - allerdings gehören bing.com und kumo.com heute Microsoft, die merkwürdige Dating-Seite unter der Domain hook.com hingegen hat ihren Firmensitz in Hongkong.
  • Tafiti. Microsofts Antrag 77420336 reklamiert beim US-Patentamt die Wortmarke Tafiti für eine "Computer-Suchmaschinen-Software und Computer-Programme zum Zugang zu Computer-Netzwerken."
  • Sift. Microsofts Antrag auf eine US-Wortmarke (77646936) vom 9. Januar beansprucht Schutz für den Begriff Sift für ein "Mobiltelefon-Betriebssystem, Suchmaschinen-Software, Programme zum Durchsuchen von E-Mails, Textnachrichten, Adressen und Kontaktinformationen."
  • Laser. Die Wortmarke "Laser" als Bezeichnung eines "anpassbaren Suchwerkzeugs" hat Microsoft schon 2008 aufgegeben.
Das alles klingt so aberwitzig, dass man Microsofts öffentlichen Aprilscherz fast ernst nehmen muss. Im Live-Search-Firmen-Blog verkündete Microsoft-Managerin Whitney Burk als neuen Suchmaschinen-Namen "MSN Windows Live Search on [email protected]". Man habe lange geforscht und festgestellt, dass viele Nutzer Angst vor Veränderungen haben. Deshalb habe der neue Name "starke Bindungen zur Vergangenheit". Man habe sogar noch eines dieser "schicken" @-Zeichen reinschmuggeln könne, die "Tweeters so sehr zu mögen scheinen".

Burks Abschiedsgruß: "Genießen Sie die neue Marke. Lang möge sie leben!"

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[email protected] (web389) Netzwelt Tue, 07 Apr 2009 19:42:09 +0000
Download-Musik: Amazon öffnet deutschen MP3-Discount (Spiegel Online, 1.4.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/775-download-musik-amazon-oeffnet-deutschen-mp3-discount-spiegel-online-142009 Download-Musik

Amazon öffnet deutschen MP3-Discount

Fünf Millionen Songs, MP3-Dateien ohne DRM-Schutz und Billigtarife ab 77 Cent: Apples Musikshop iTunes bekommt in Deutschland starke Konkurrenz von Amazon. Das Angebot des Online-Händlers ist halb so groß, die Tarife sind unübersichtlich, aber zum Teil deutlich niedriger.

Spiegel Online, 1.4.2009

Das geht fast schon zu einfach: Nach zehn Sekunden im neuen MP3-Download-Shop des Online-Händlers Amazon hat man ganz schnell Songs für ein paar Euro eingekauft: Amazon bietet in dem am heutigen Mittwoch für Deutschland freigeschalteten MP3-Portal insgesamt fünf Millionen Songs an. Gesucht und gekauft wird wie auf der Amazon-Web-Seite sonst auch. Wer eingeloggt ist, kann mit einem Klick Songs erwerben, der Download der nicht kopiergeschützten Dateien beginnt dann sofort.

Diese Bedienungsdetails erinnern nicht von ungefähr an den Marktführer im Musikdownload-Geschäft: In Apple Musik-Online-Shop iTunes ist der Kauf mit einem Klick ähnlich simpel. Die Angebote sind in vielen Punkten durchaus vergleichbar: iTunes hat ein sehr großes Angebot (zehn Millionen Titel) - Amazon startet in Deutschland mit einem Repertoire von fünf Millionen Musikstücken. Das ist halb so viel, aber mehr, als die meisten anderen Anbieter haben.

Apple hat im Frühjahr angekündigt, komplett auf digitales Rechtemanagement (DRM) zu verzichten, das Amazon-Angebot ist völlig DRM-frei. Das bedeutet:

  • Die Amazon-Songs laufen auf beliebig vielen Abspielgeräten - auch auf mehreren gleichzeitig.
  • Kunden können die Dateien problemlos in iTunes oder den Windows Media Player importieren.
  • Die Amazon-MP3s kann man ohne Mehraufwand auf PC, Macs, iPods und jedem anderem MP3-Abspielgerät laufen lassen. Zum Beispiel auch als MP3-CD im Autoradio, das an entsprechenden iTunes-Dateien scheiterte.

Da Apple im April die Umstellung auf ein komplett DRM-freies Format abschließen will, unterscheiden sich die Formate, in denen Amazon (MP3 mit 256 KBit/Sek) und Apple (AAC- mit 256 KBit/Sek) anbieten für Laien kaum. Ob AAC eine spürbar bessere Klangqualität bietet, ist für Experten ein interessantes Diskussionsthema. Die Mehrheit der potentiellen Kunden wird Amazons Angebot anhand von anderen Kriterien bewerten:

  • Wie teuer sind die Downloads im Vergleich?
  • Wie groß ist das Angebot?
  • Wie einfach ist die Bedienung?

Die Preisgestaltung bei Amazons MP3-Shop ist "flexibel" (sagt der Händler) und unübersichtlich (empfindet der Kunde). Zur Einführung des Angebots verkauft Amazon mehr als 2000 Alben für weniger als fünf Euro pro Stück. Ansonsten können Alben auch deutlich mehr kosten - das teuerste im Amazon-MP3-Shop ist derzeit die "Carl Schuricht Collection" für 185,49 Euro. Wie viele Alben zu welchem Preis zu haben sind, sagt Amazon auf Anfrage nicht. Das wird sich wohl häufiger ändern.

77 Cent pro Song

Preise für einzelne Musikstücke beginnen bei 68 und gehen bis 99 Cent hoch. Ein großer Anteil der Titel soll für 77 Cent zu haben sein - das ist deutlich billiger als bei iTunes, wo man die meisten Titel für 99 Cent kaufen muss.

Da eine Preissuchmaschine für die großen Musik-Download-Shops fehlt, hilft nur der Stichprobenvergleich bei der Orientierung. Einige Beispiele:

  • Die Trashmonkeys-EP "Give That To Me" ist bei Amazon (2,31 Euro) billiger als bei iTunes (2,97 Euro)
  • Der Song gleichen Titels ist bei Amazon für 0,77 Cent zu haben, bei iTunes muss man 0,99 Cent bezahlen.
  • Das neue Olli-Schulz-Album "Es Brennt So Schön" kostet bei Amazon 4,89 Euro, bei iTunes sind 9,99 Euro fällig.
  • Das ältere Andrew-Bird-Album "Armchair Apocrypha" kostet bei Amazon 8,99, bei iTunes 9,99 Euro.

Beim Ausprobieren des Angebots taucht aber auch eine erste Lücke im Amazon-Repertoire auf: Von Who made Who gibt es im MP3-Laden des Online-Händlers nur einen Titel, beim iTunes hingegen auch das aktuelle Album. Ähnlich sieht es beim als "Legowelt" auftretenden Niederländer Danny Wolfers aus: Gerade mal ein Titel bei Amazon, 89 hingegen bei iTunes.

Amazon versucht sich als MP3-Aldi

Fazit des kleinen Angebotsvergleichs: Amazon ist billiger, aber offenbar nicht ganz so umfangreich wie die Apple-Konkurrenz. Die meisten potentiellen Musikkäufer dürfte das allerdings kaum stören. Amazons Angebot ist einfach, günstig. Wer Extras will, schaut vielleicht bei iTunes rein. Das gilt nicht nur fürs Repertoire, sondern auch für die Bedienung: iTunes kommt mit eigener Software daher, nimmt Bewertungen an, erstellt Abspiellisten, sortiert Titel automatisch nach Beliebtheit, schlägt ähnlich wie LastFM neue Musikstücke vor, die zum bisherigen Hörverhalten des Nutzers passen.

All diese Extras fehlen bei Amazon. Das webbasierte Angebot bietet kleine Zusatzprogramme, mit denen man die Amazon-Downloads bequem etwa in iTunes einbinden kann. Mehr nicht - keine Extras, keine ausgefallenen Details, sondern günstige Preise. Der MP3-Discount eben.

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[email protected] (Konrad Lischka) Netzwelt Thu, 02 Apr 2009 17:56:58 +0000
Gema-Streit: YouTube sperrt Musikvideos in Deutschland (Spiegel Online, 31.3.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/774-gema-streit-youtube-sperrt-musikvideos-in-deutschlan Gema-Streit

YouTube sperrt Musikvideos in Deutschland

Die Gema will mehr Geld von Googles Videoportal YouTube: Für jeden Abruf eines Musikvideos soll die Videoseite zahlen, egal, wie viel Geld die Anzeigen bringen. YouTube fürchtet Verluste - und klemmt erst mal deutschen Nutzern die Musik-Clips ab.

Spiegel Online, 31.3.2009

Die Gema streitet wieder einmal ums Geld: Erst Anfang des Jahres hatte die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Konzertveranstalter mit einer klaren Ansage aufgeschreckt: Ein Zehntel aller Live-Musik-Einnahmen hätte man gern bis 2014. "Wucher", kommentierten die Betroffenen damals. Jetzt ist YouTube dran. Die Gema will mehr Geld für Musik-Clips. "Nicht nachvollziehbar" nennt heute YouTube-Manager Patrick Walker im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE die neuesten Gema-Forderungen.

Der Vertrag der Verwertungsgesellschaft mit YouTube läuft an diesem Dienstag aus. Auf einen neuen konnte man sich nicht einigen. Laut YouTube verlangt die Gema einen Betrag von zwölf Cent für jeden Abruf eines Musikvideos, an dem ein von der Gema vertretener Komponist, Textautor oder Musikverleger die Rechte hält (die Gema hat gut 60.000 deutsche Mitglieder und vertritt mehr als einer Million Rechteinhaber aus aller Welt).

YouTube nennt die von der Gema geforderten Beträge "beispiellos in der Geschichte des Streamens von Musikvideos". Die 12-Cent-Pauschale sei 50-mal höher als der in Großbritannien vom Gema-Gegenstück PRS geforderte Betrag. YouTube-Manager Walker: "Wir können die Höhe dieser Forderung nicht nachvollziehen und sind von der Unnachgiebigkeit der Gema enttäuscht. Das ist für YouTube nicht tragbar, wir würden mit jedem Abruf eines Videos Geld verlieren."

YouTube filtert mehrere tausend Clips

YouTube beginnt am Dienstagabend damit, alle Musikvideos zu sperren, die von dieser Auseinandersetzung berührt sein könnten. Walker spricht von "mehreren tausend Musikvideos". Wie viele Clips es exakt sind, könne man nicht sagen. Zunächst sperrt YouTube alle Clips, welche die Labels selbst eingestellt haben, dann auch alle von Nutzern eingestellten Kopien dieser Clips. Es soll mehrere Tage dauern, alle entsprechenden Inhalte zu blockieren.

Sendet YouTube weiterhin die Clips, nachdem das bisherige Lizenzabkommen mit der Gema ausgelaufen ist, würde für jeden Abruf irgendwann eine womöglich saftige Nachzahlung fällig werden. YouTube-Manager Walker: "Wir müssen die Musikvideos allein schon aus Gründen der Vorsicht blockieren, weil zunächst einmal der Gema-Tarif im Raum steht und sich dadurch nicht tragbare wirtschaftliche Risiken ergeben."

Die Gema bestreitet, von YouTube jemals 12 Cent gefordert zu haben. Sprecherin Bettina Müller erklärt SPIEGEL ONLINE: "Wir haben YouTube 1 Cent pro Stream angeboten. Die Verhandlungen sind bislang daran gescheitert, dass YouTube nicht bereit war und ist, die Forderungen der Gema nach mehr Transparenz hinsichtlich des genutzten Musikrepertoires zu erfüllen."

Gema: "Wir wollen mehr Transparenz"

Was nun - 1 oder 12 Cent? Diesen Widerspruch klärte bislang keine der beiden Seiten auf. Ein möglicher Erklärungsansatz: Die Gema hat womöglich 1 Cent geboten, aber nur unter der Bedingung, von YouTube mehr Informationen zum Abruf der Musikvideos zu erhalten. Doch wenn wegen des Konflikts kein neuer Vertrag zustande kommt, könnte die Gema die Abrechnung nach ihren "Lizenzierungsgrundlagen" für "Anbieter von Musikvideo-on-demand-Portalen" verlangen. Und in diesem Dokument (PDF auf den Seiten der Gema...) heißt es, die "Mindestvergütung je entgeltlich oder unentgeltlich" genutzten Werks aus dem Gema-Repertoire mit einer Spieldauer bis zu fünf Minuten betrage 0,1278 Euro. Da sind sie also, die 12 Cent.

Wie viel Geld YouTube bei solchen Lizenzbedingungen der Abruf eines Musikvideos tatsächlich kosten würde, kann man nur vermuten: Die Gema-Lizenz deckt ja nur einen Teil der Rechte an einem Musikvideo ab (Texte und Komposition) - für die Rechte an Filmmaterial und den Aufnahmen der Songs muss YouTube noch einmal extra zahlen.

Wenn man die Gema-Forderung hochrechnet, müsste YouTube bei der Werbung im Umfeld der Streams einen Tausenderkontaktpreis (TKP) von 120 Euro erzielen, allein um die Gema-Gebühren zu finanzieren. Ein TKP von 120 Euro ist extrem hoch - YouTube-Manger Walker kommentiert, dass Online-Anzeigenkunden schon einen TKP von 15 Euro nur für ein sehr gutes, demografisch hochattraktives Werbeumfeld zahlen würden.

500.000 Euro für 3,7 Millionen Videoabrufe?

Wie viele Musikvideos nun eigentlich abgerufen werden, wie viel Anzeigenumsatz mit den Werbeplätzen in diesem Umfeld gemacht wird - all das will YouTube nicht beantworten. Eine sehr grobe Rechnung veranschaulicht allerdings die Größenordnung: YouTube zeigt bei den Nutzerprofilen an, wie oft die Videos dieses Mitglied abgerufen wurden.

Zählt man nun die Videoabrufe der 20 Mitglieder mit den meistgesehenen Clips in der Kategorie "Musiker" in Deutschland im vergangenen Monat zusammen, kommen derzeit (Dienstag, 18 Uhr) mehr als 3,7 Millionen Videoabrufe zusammen. Sprich: Für einen Monat Musik-Werbevideo-Abnudelei (der 20 beliebtesten Anbieter) müsste YouTube der Gema knapp eine halbe Million Euro überweisen.

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[email protected] (web389) Netzwelt Wed, 01 Apr 2009 20:39:45 +0000
Streit mit Briten-Gema: YouTube blockiert Musikvideos (Spiegel Online, 10.3.2009) http://www.klischka.de/joomla/artikel/netzwelt/772-streit-mit-briten-gema-youtube-blockiert-musikvideos- Streit mit Briten-Gema

YouTube blockiert Musikvideos

Lizenzchaos in Großbritannien: Die Google-Tochter YouTube und die Briten-Gema PRS können sich nicht einigen, wie viel Geld die Verwertungsgesellschaft für Musikvideos bekommt. Nun sperrt YouTube Tausende Clips. Hauptkritik: Die Briten-Gema wisse nicht mal, welche Rechte sie vertrete.

Spiegel Online, 10.3.2009

Natürlich geht es auch ums Geld. Das Videoportal YouTube und die britische Verwertungsgesellschaft Performing Rights Society (PRS), die für Künstler Lizenzgebühren eintreibt, können sich nicht einigen, wie viel YouTube demnächst fürs Abspielen von Musikvideos zahlen soll.

Der inzwischen öffentlich ausgetragene Streit veranschaulicht aber sehr gut, wie kompliziert, absurd und anachronistisch die Rechteklärung bei Digital-Musik ist.

Öffentlich hat den Streit gestern Abend YouTube-Manager Patrick Walker gemacht, als er im Firmenblog ankündigte, man werde alle von den Verhandlungen betroffenen Musikvideos - Tausende angeblich - für britische Nutzer fortan blockieren müssen.

Die Gründe dafür, laut Walker:

  • "Die PRS verlangt, dass wir viel, viel mehr zahlen als bisher. Die Kosten sind für uns einfach untragbar. Den nun von der PRS geforderten Bedingungen zufolge würden wir mit jeder Wiedergabe erhebliche Beträge verlieren."
  • "Zudem will uns die PRS nicht mitteilen, welche Titel in der Lizenz enthalten sind, die sie anbieten. Das ist so, als würde man einem Verbraucher eine unbeschriftete CD verkaufen, ohne Wissen, welche Musiker darauf zu hören sind."

YouTube hat im August 2007 ein Lizenzabkommen mit der PRS geschlossen. Laut dem Fachdienst " Paidcontent" umfasste die nun auslaufende Lizenz die Rechte zur Wiedergabe von zehn Millionen Musikstücken, YouTube habe dafür eine Pauschalabgabe in unbekannter Höhe bezahlt.

Die Lizenz einer Gesellschaft wie der PRS deckte allerdings nicht die kompletten Rechte an einem Musikvideo ab, sondern lediglich die an Texten und Kompositionen - sofern die Urheber die nicht an die Plattenfirma verkauft, sondern die PRS mit der Verwertung beauftragt haben.

Um Musikvideos zeigen zu dürfen, muss YouTube allerdings noch zusätzlich Lizenzen von den Musiklabels einkaufen, die meistens die Rechte am Filmmaterial und den Aufnahmen der Songs haben. Deshalb blockiert YouTube zum Beispiel Musikvideos von Künstlern, die bei Warner Music unter Vertrag standen oder stehen - die Verhandlungen scheiterten im vergangenen Dezember.

Briten-Gema: "schockiert und enttäuscht von Google"

Vor diesem Hintergrund könnte man die öffentliche Filter-Ankündigung YouTubes durchaus als Taktik sehen, den Druck auf die PRS zu erhöhen. Die Verwertungsgesellschaft tut die Kritik in einer Stellungnahme entsprechend ab. Geschäftsführer Steve Porter erklärt, man sei "schockiert und enttäuscht, nachmittags einen Anruf von Google zu erhalten, der über diese harsche Maßnahme informiert". Google wolle einfach "deutlich weniger als bislang zahlen", die Video-Blockade habe die Firma "ohne Rücksprache" mit der PRS eigenmächtig veranlasst.

"Es hat den Beigeschmack einer PR-Aktion", kommentiert auch der Branchenexperte Mark Mulligan, Musikindustrie-Analyst bei Forrester Research in seinem Blog. Er benennt die gegensätzlichen Interessen in diesem Konflikt klar:

  • Auf der einen Seite fürchte die Verwertungsgesellschaft PRS, dass in den Deals zwischen Web-Firmen und den großen Musikkonzernen die Rechte der Urheber "auf der Agenda weiter unten stehen".
  • Auf der anderen Seite suche Google verzweifelt ein Modell, um YouTube als Firma erfolgreich zu machen. Das Unternehmen könne sich in dieser Situation nicht erlauben, "allzu nachgiebig zu wirken, weil sonst alle Urheber aggressiv bessere Vertragsbedingungen aushandeln werden", schreibt Mulligan.

Kurz gesagt: Die Einnahmen aus dem Verkauf von Musik sinken, die neuen Erlösmodelle werfen wenig ab und die Parteien streiten erbittert um die Verteilung des schrumpfenden Kuchens.

Was bei dem Verteilungskampf sowohl die Verwertungsgesellschaften als auch die Musiklabels ignorieren: Die einzige Chance legaler Online-Musikdienste ist es, wenn ihr Angebot größer, zugänglicher, einfacher zu finden, zu bedienen und gegebenenfalls zu bezahlen ist als die Vielfalt an Musik-Raubkopien im Netz.

Und bei allem Verständnis für Verteilungskämpfe mit kommerziellen Anbietern wie YouTube: Je schwieriger es für Start-ups wird, Lizenzen für Online-Musik einzukaufen, desto schlechter sieht es für die Musiker mittelfristig aus, deren Interessen die PRS vertreten will. Im vergangenen Jahr hat zum Beispiel das innovative US-Musikportal Pandora sein Angebot in Großbritannien geschlossen. Schuld waren laut Pandora zu hohe Lizenzforderungen der PRS und der Plattenlabel.

Pandora schließt Angebot wegen Lizenzforderungen

In einer E-Mail an die Kunden schrieb Pandora-Gründer Tim Westergreen damals, die Verwertungsgesellschaften hätten "eine Mindestbezahlung pro abgespieltem Song gefordert, die viel zu hoch ist, um den Betrieb eines werbefinanzierten Angebots zu ermöglichen".

An der Lizenzierungspolitik der Labels war vor wenigen Tagen auch Fabchannel gescheitert. Die Website galt als eines der innovativsten Angebote für Live-Musik weltweit.

Im aktuellen Streit mit YouTube ist außer der Höhe der Bezahlung auch der laut YouTube ungeklärte Umfang der PRS-Lizenz sehr aufschlussreich. Laut YouTube-Manager Patrick Walker könne die PRS YouTube nicht exakt übermitteln, welche Titel in der Lizenz enthalten sind, so dass die Filter des Videoportals entsprechend aktualisiert werden können.

Zu diesem Vorwurf hat die PRS bislang nicht Stellung genommen. Analyst Mark Mulligan von Forrester Research hält es aber durchaus für möglich, dass die PRS tatsächlich keine "umfassende Auflistung der Künstler weitergeben kann, die sie vertritt"- Denn weil "große Labels ihre Online-Rechte zurückgezogen haben, ist der Markt inzwischen extrem fragmentiert".

Kampf um einen schrumpfenden Kuchen

Dass legale Online-Musik einem zersplitterten, digitalen Inselreich gleicht, merken auch die Kunden: Wer die Songs einer bestimmten Band sucht, findet bei verschiedenen Anbietern verschiedene Inhalte - bei manchen Musikdiensten gibt es dann auch mal gar nichts, bei anderen viel.

Die Folge: Je undurchsichtiger das Angebot ist, desto weiter dürfte die Bereitschaft der Kunden sinken, nach legalen Angeboten zu suchen und gegebenenfalls Pauschalen für ein Repertoire zu zahlen, von dem sie gar nicht so genau wissen, was eigentlich im Detail enthalten ist. Wenn man wie heute erst als Abonnent beim Suchen merkt, wofür man eigentlich bezahlt hat und was man dann doch noch extra anderswo kaufen muss, fühlt sich der Kunde bei jedem Nichttreffer ein wenig betrogen.

Für Online-Plattformen wie YouTube ist die Lage ähnlich verwirrend: Bisher müssen Lizenzen in jedem Staat aufs neue zwischen Urhebern, Verlagen, Vertrieben und Verwertungsgesellschaften verhandelt werden. Ein Konzern wie Google kann sich das leisten, für kleine Firmen und Start-ups ist dieser Aufwand eine erhebliche Hürde. Die Europäische Kommission drängt die Copyright-Branchen, endlich ein europäisches Lizenzierungswesen zu schaffen, was bislang nicht passiert ist.

Stattdessen fechten Verwertungsgesellschaften, Plattenfirmen, Verlage und sonstige Rechteinhaber mit den Online-Anbietern in jedem europäischen Staat dieselben erbitterten Kämpfe um die Verteilung eines Kuchens aus, der immer kleiner wird, je länger dieses Lizenzchaos andauert.

Das wirkt lächerlich, ist aber die Realität im Web 2009. Oder, wie ein Kommentator im YouTube-Blog schreibt: "Wieder ein Sieg für Raubkopien."

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[email protected] (Administrator) Netzwelt Mon, 16 Mar 2009 12:41:23 +0000