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Das sogenannte Vorteilskonto der Hamburger Sparkasse bietet allerlei mehr oder minder exklusiven Schnickschnack: goldene Kreditkarte, Rabattaktionen bei Web-Shops, günstigere Eintrittskarten und so weiter. Ein besonderes Extra verbirgt sich im Kleingedruckten des Rahmenvertrags ( PDF-Dokument) für das Konto. Darin steht, dass der Kunde sich damit einverstanden erklärt, dass bestimmte personenbezogene Daten von der Sparkasse an ein weiteres Unternehmen und von diesem Dienstleister wiederum an eine US-Firma in Connecticut übertragen und dort ausgewertet werden dürfen.
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Die Klausel ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Eine deutsche Bank lässt Informationen zu Vorteilskonten in den Vereinigten Staaten auswerten - das erwartet ein Kunde nun nicht unbedingt, wenn er bei einer lokalen Bank einen Vertrag abschließt.Vage Kundeninformation per Vertragsklausel
Welche Daten die Bank überhaupt in die USA überträgt, erfährt der Kunde aus der Klausel nicht. Dort ist nur die Rede von "in Zusammenhang mit der Leistungserbringung stehenden Daten zur Leistungserbringung, -dokumentation und -optimierung".
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar kritisiert diese Formulierung: Zulässig sei eine Übertragung personenbezogener Daten nur unter bestimmten Voraussetzungen, eine davon sei es, dass "Kunden umfassend darüber informiert werden, welche Daten zu welchem Zweck verarbeitet werden." Caspars Urteil: "Da liest sich der Passus der Rahmenvereinbarung zum Haspa-Joker-Konto zu vage, aber das haben wir noch nicht abschließend geprüft."
Auf Anfrage erklärt die Hamburger Sparkasse, in den USA würden folgende Daten verwaltet:
Kontoumsatzdaten werden laut der Sparkasse nicht in die USA übertragen. Die Anwendungen auf den US-Servern würden ausschließlich aus Europa bedient.
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte prüft derzeit, ob die in die Vereinigten Staaten übertragenen Daten überhaupt rechtmäßig erhoben worden sind. Der Datenschützer vermutet, dass die Daten im Rahmen der umstrittenen Kundenprofilbildung angefallen sind. Caspar: "Um bewerten zu können, ob diese Übertragung rechtmäßig erfolgt ist, müssen wir zunächst feststellen, ob diese Daten überhaupt rechtmäßig erhoben worden sind und so hätten verwendet werden dürfen, darauf konzentrieren wir uns derzeit."
Sparkassen-Sprecherin von Carlsburg widerspricht der Vermutung des Datenschützers: "Die Daten sind nicht im Rahmen der umstrittenen Kundenprofile angefallen, zwischen Sensus und Joker besteht kein Zusammenhang."
Sparkasse lässt sich Datenschutz per Vertrag garantieren
Sollten die Daten rechtmäßig erhoben worden sein, ist immer noch zu klären, ob sie in dieser Form in die Vereinigten Staaten an ein Drittunternehmen übertragen werden durften. Das ist - eine transparente Darstellung und informierte Zustimmung des Kunden vorausgesetzt - formal zulässig, wenn die verarbeitende Firma im Ausland ein angemessenes Schutzniveau aufweist oder ausreichende Datenschutzgarantien vorliegen.
Die Hamburger Sparkasse erklärt in dem Rahmenvertrag, dass sich die US-Firma dem Datenschutzabkommen "Safe Harbor" verpflichtet habe und die "Behandlung nach einem angemessenen Datenschutzniveau" garantiere. Außerdem habe sich das Unternehmen gegenüber der Hamburger Sparkasse "zum Schutz der Daten nach dem Bundesdatenschutzgesetz verpflichtet".
Eine solche Verpflichtung empfehlen die deutschen Datenschutz-Aufsichtsbehörden in einem Beschluss vom April ausdrücklich, solange eine flächendeckende Kontrolle der Selbstzertifizierungen US-amerikanischer Unternehmen durch die Kontrollbehörden in Europa und den USA nicht gewährleistet ist. Denn anders als die Hamburger Sparkasse in ihrem Vertragstext suggeriert, garantiert das Safe-Harbor-Abkommen die Einhaltung eines dem deutschen Stand ebenbürtigen Datenschutzniveaus im Ausland nicht unbedingt. Datenschützer äußern sogar erhebliche Zweifel daran, dass das Safe-Harbor-Abkommen Datenschutz garantiert. Dass sich die Hamburger Sparkasse von ihrem Datenverarbeiter Datenschutz vertraglich garantieren lässt, ist daher vorbildlich.
Verwirrende Datenschutzerklärung auf Englisch
Die Aufklärung des Kunden, was da eigentlich mit seinen Daten passiert, ist es hingegen nicht. Eine der Anforderungen nach Safe Harbor ist ja gerade die umfassende Information der betroffenen Privatpersonen darüber, zu welchem Zweck die Organisation Daten über sie erhebt und verwendet, wie man die Verwendung und Weitergabe der Daten einschränken kann. Auf der Internetseite des von der Sparkasse Hamburg benannten US-Unternehmens Affinion Group findet man tatsächlich eine "Privacy Policy".
Das Dokument scheint sich aber lediglich auf die Nutzung der Online-Präsenz zu beziehen. Andererseits ist darin aber auch die Rede davon, dass das Unternehmen "von Zeit zu Zeit personenbezogene Informationen mit vertrauenswürdigen, nicht verbundenen dritten Parteien teilen könne, die Produkte und Dienstleistungen anbieten", die der Ansicht des Unternehmens nach von Interesse für die Nutzer sein könnten.
Die Sprecherin der Hamburger Sparkasse von Carlsburg stellt auf Anfrage klar: "Die Aussage betrifft ausschließlich das Geschäft der Affinion Group, die eigenständig Dienstleistungen in den USA für eigene Endkunden erbringt. Daten von Kunden der Haspa werden nicht weitergegeben."
Aus den Kundeninformationen der Hamburger Sparkasse und ihrer Dienstleister geht das nicht hervor - Transparenz sieht anders aus.
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Zum Special auf Spiegel Online (Interaktive Grafik, Statistiken, Hörproben, O-Ton-Protokolle):
Musik ist viel mehr als ein Geschäft, aber sie ist eben auch eines. Darüber, wie sich dieses Geschäft entwickelt, gibt es viele Meinungen. Besonders laut und oft wird dieser "common senf" vorgetragen: Das Internet macht die Musikindustrie kaputt! Oder das Gegenstück: Die Musikindustrie hat das Internet nicht verstanden!
Stimmt das? Im Vergleich zur Verlags- und Filmindustrie versorgt die Musikbranche die Kunden inzwischen mit sehr vielen Digitalangeboten. Aus Konsumentensicht gibt es eine wirklich neue und fundamentale Entwicklung: Wer Musik liebt, wollte sie früher nicht nur hören, sondern horten.
Inzwischen verliert bei jungen Vielhörern der Musikbesitz an Bedeutung. Ein bestimmtes Album mit Booklet oder eine besondere Single sind längst nicht mehr für alle Musikfans das Objekt der Begierde.
Deshalb stehen bei Streaming-Plattformen nicht mehr einzelne Titel im Mittelpunkt, die man für immer besitzen kann. Stattdessen erhält man gegen einen Pauschalbetrag Zugriff auf den gesamten Musikbestand.Was diese Entwicklung für den Musikmarkt bedeutet, ist noch unklar. Die Umsatzzahlen zeigen erst einmal in eine Richtung - nach unten. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede. Die wichtigsten Erkenntnisse aus den Zahlen (detaillierte Verlaufsdiagramme in der Fotostrecke unten):
Im Klartext heißt das: Kunden glauben, monatlich für ein fixes Datenvolumen zu bezahlen, über dessen Nutzung sie bestimmen dürfen. Tatsächlich sehen die Verträge des Providers aber so aus, dass bestimmte Datenpakete dann doch nicht eingeschlossen sind.
Die Statistik zeigt: Der Markt schrumpft, die deutsche Musikindustrie kommt aber vergleichsweise gut davon. Wie sehr die großen Musiklabels über die Krise und Raubkopien klagen, liest man überall. Wie sich der Musikkonsum geändert hat, weiß jeder Nutzer aus eigener Erfahrung. Aber wie erleben Musiker, Labelgründer und Booker den Wandel? Jene Mehrheit im Musikgeschäft, die keine Millionen verdient und unabhängig von Casting-Shows, Marketing-Budgets und Fernseh-Kooperationen Musik macht?
SPIEGEL ONLINE hat die Kleinen und Mittelgroßen der Branche gefragt, was sie aus der Krise machen und protokolliert, wie man heute von Musik lebt.
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Früher gab es einen Aldi-, einen Real- und einen Tchibo-Tag. Einmal in der Woche landeten in Millionen deutscher Briefkästen die aktuellen Prospekte der großen Handelsketten mit Kurzzeitangeboten. Da wurden italienische oder asiatische Wochen ausgerufen und Themenwelten gebastelt, da gab es besonders günstige Notebooks, Grillgarnituren oder Staubsauger.
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Diese Prospekte gibt es immer noch, auch wenn viele Händler ihre Wochenangebote auch in E-Mail-Newslettern bewerben und in Netzläden vertreiben. Nun drängen neue Akteure in das Vermittlergeschäft: Konzerne wie Apple und junge, aber reichweitenstarke Web-Unternehmen wie Twitter wollen Händlern mit neuen Werbeformen Käufer zuführen. Die Geschäftsmodelle sind unterschiedlich, die Grundvoraussetzung aber immer dieselbe: Die Web-Riesen bieten Händlern Zugang zu potentiellen Kunden, die ein gewisses Grundinteresse an den Angeboten haben.
SPIEGEL ONLINE stellt einige Anbieter vor.
Apples Einkaufs-iPhone
Ein nun beim US-Patentamt einsehbarer Patentantrag Apples beschreibt ein solches Modell sehr anschaulich: Apple will über ein iPhone mit Nahfunk-Technik (RFID) den physischen Verkaufsraum ins Digitale erweitern. Der Patentantrag auf eine Methode "zum Anbieten von Inhalten zu einem Produkt oder Dienst" geht weit über das bloße Verkaufen hinaus. Da geht es auch darum, dass man im Supermarkt neben dem Gemüsestand Rezepttipps zu den einzelnen Leckereien auf dem iPhone angezeigt bekommt.Für den Handel beschreibt Apple diese Idee für das iPhone als Einkaufsberater:
Diese Beispiele sind - so steht es im Patentantrag - "nicht die einzig denkbaren". Auf Basis der von Apple beschriebenen Kombination aus Nahfunk und Barcode-Scannern könnte ein völlig neues Werbesystem entstehen. Die Technik ist dabei nicht besonders überraschend. Interessant ist an den Apple-Ideen vielmehr, dass damit eine Kombination aus der nötigen Hard- und Software mit einem Schlag bei Millionen von iPhone-Besitzern verfügbar würde. Diese Echtzeit-Angebotsplattform hätte drei Besonderheiten gegenüber klassischer Angebotswerbung:
Twitters Rabattrampe
Das Prinzip ist simpel und erprobt: Wie beim Angebot der Woche diverser Supermarktketten verspricht Twitter den Nutzern seines " Earlybird"-Dienstes besondere Angebote, die nur für kurze Zeit gelten und sonst nirgends beworben werden. Wer daran interessiert ist, folgt einfach dem Rabatt-Twitterkonto - drei Tage nach der Ankündigung dieses neuen Vertriebskanals sind das immerhin schon 25.000 Twitter-Nutzer.
Der Vorteil dieses Modells:
Die Geschäftsidee ist bestechend simpel: Ein Händler bietet auf einer Plattform ein Produkt zu einem günstigen Preis an. Zu kaufen gibt es die Ware zu dem Betrag aber nur, wenn in einer bestimmten Zeit eine bestimmte Menge an Käufern zuschlägt. Der Vorteil für den Händler: Er kann ohne Risiko ein Angebot kalkulieren, dass sich erst ab einem bestimmten Umsatz rechnet. Außerdem locken solche Aktionen neue Käufer in die Online- oder Ladengeschäfte der Anbieter.
Groupon, der größte US-Betreiber einer solchen Vertriebsplattform, hat im Mai das deutsche Gegenstück Citydeal übernommen, das Unternehmen will den Markt in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien aufrollen. Die Plattform funktioniert nicht nur als Billiggarant. Groupon-Gründer Andrew Mason beschrieb in einem CNN-Interview den Reiz vieler Angebote so: Es gibt nicht nur Rabatte für Dinge, die Nutzer ohnehin haben wollen. Sondern auch für "Dinge, die Kunden immer schon ausprobieren wollten und bei uns zu einem Preis sehen, dem sie nicht widerstehen können." Seine Beispiele: Panball, Fallschirmsprünge, Akupunktur.
Vor-Ort-Angebote
Eine Mischung aus dem Apple- und Twitter-Modell für neue Werbewege bieten Dienste wie Foursquare oder Gowalla, bei denen Nutzer sich über eine Anwendung für ihre Mobiltelefone an bestimmten Orten regelmäßig anmelden können. Wer zum Beispiel jeden Tag im selben Café ein Brötchen isst und sich dabei jedes Mal per Mobiltelefon mit einem der ortsbezogenen Dienste dort als Anwender meldet, wird dafür irgendwann mit einem Phantasietitel wie "Bürgermeister" belohnt. Den behält man aber nur so lange, bis ein anderer Nutzer noch häufiger denselben Ort besucht hat.
Für Händler ist das interessant, weil sie so über besondere Angebote bei Foursquare und Gowalla Nutzer belohnen können, die besonders häufig ihr Café oder Ladengeschäft aufsuchen - ein Freibier für den Bürgermeister!
Facebook fehlt
Diesen Markt könnte Facebook aufrollen. Das soziale Netzwerk soll bald eine Funktion anbieten, mit der Mitglieder in Statusmitteilungen automatisch auch ihren Standort angeben können. Mit seinen mehr als 500 Millionen registrierten und sehr aktiven Mitgliedern, die größtenteils ihren Freundeskreis auch im Facebook-Netz um sich scharen, könnte das soziale Netzwerk leicht eine Kombination der Angebotsformate von Foursquare und Groupon schaffen.
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Wenn man sich das Netz als Fressgasse vorstellt und Web-Seiten als Restaurants, dann hat Facebook den Seitenbetreibern soeben folgenden verwegenen Plan vorgestellt: Wir stellen alle Kellner, überall. Unsere Kellner erzählen euren Gästen, was ihre Freunde hier schon mal gegessen haben, was ihnen gefallen hat. Unsere Kellner berichten jedem Gast, wer hier schon mal lautstark wegen der Muscheln gemosert hat. Und, ach ja: Wir verraten euch, wie alt eure Gäste sind, woher sie kommen und wie oft sie hier sind.
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Facebook will überall im Web die Meinungsäußerungen und Vorlieben der Nutzer sammeln und vernetzen. Dafür stellt das Unternehmen Web-Seiten-Betreibern ab sofort kostenlos eine Reihe recht einfach zu integrierender Code-Schnipsel bereit, die sich aus dem Facebook-Datenpool bedienen und ihn füttern. Das hat Facebook-Chef Marc Zuckerberg in der Nacht zu Donnerstag auf der Entwicklerkonferenz F8 in Kalifornien angekündigt.
Konkret sieht das so aus: Wenn ein Facebook-Mitglied etwa die Seite von CNN aufruft, sieht er sofort, welche Beiträge seine Facebook-Freunde schon empfohlen haben, ohne sich auf CNN noch einmal einloggen zu müssen. Ein anderes Beispiel, das Mark Zuckerberg bei der Vorstellung der neuen Werkzeuge fürs Web zeigte: Wenn ein Facebook-Nutzer zum ersten Mal die Seite des Webradios Pandora aufruft, stellt der Dienst eine Playlist danach zusammen, welche Band der Facebook-Nutzer schon auf Facebook oder mit Facebook vernetzten Seiten mit einem Klick für gut befunden hat.
Facebook analysiert Vorlieben und Beziehungsgeflechte
Das veranschaulicht schon sehr gut, worum es bei der Expansion ins Netz geht: Facebook will die soziale Infrastruktur stellen. Die Methode kennt man von Google: Einerseits öffnet sich Facebook und bezieht das Web ein, andererseits stärkt jeder Partner im Netz die zentrale Stellung von Facebook. Google destilliert und zentralisiert aus dem Web und den Klicks seiner Suchmaschinen-Nutzer das Wissen darüber, welche Angebote zu welchen Suchanfragen passen. Facebook analysiert heute Beziehungsgeflechte und Vorlieben der Mitglieder.
Wenn Seitenbetreiber Facebooks Dienste mehr und mehr einbinden, kann ein schlauer Algorithmus daraus vielleicht einmal die Vorlieben bestimmter demografischer Gruppen ableiten. Die nun vorgestellten Facebook-Werkzeuge sollen Seitenbetreibern diesen Pakt mit dem selbsternannten Zentralorgan versüßen:
Die Details zum Open Graph Protocol zeigen, dass Facebook sehr viel mehr über seine Mitglieder weiß als jeder Kellner oder gar Barkeeper über seine Gäste: Welche Filme, Bücher und Musiker mag er? Welchen politischen Gruppen auf Facebook schließt er sich an? Welche Nachrichtenseiten liest er?
Nutzer veröffentlichen nicht bei Facebook, sondern im Facebook-Web
Mit der Entwicklung Facebooks von einer Web-Seite zur Infrastruktur ändert sich der Öffentlichkeitsbegriff: Wer Facebook erlaubt, bestimmte Informationen über sich zu veröffentlichen, muss sich bewusst sein, dass sein Profilfoto, sein Name und seine Meinungsäußerungen auf allen Seiten auftauchen können, die mit Facebook kooperieren, wenn er dort aktiv wird. Man veröffentlicht nicht bei Facebook, sondern im Facebook-Netz.
Und dieses Netz wächst rasant, weil das Angebot von Facebook für jeden Seitenbetreiber im Netz sehr attraktiv ist: Wer verzichtet schon auf 400 Millionen potentielle Leser, Kunden, Interessenten, die kostenlos von ihren Freunden auf das Angebot gelockt werden?
Eine weitere Änderung ist im Hinblick auf den Datenschutz bezeichnend: Facebook-Partner dürfen nun einige Nutzerdaten wie Alter, Wohnort und Geschlecht auf unbestimmte Zeit speichern, wenn ihnen Nutzer das einmal erlaubt haben. Bislang musste diese Informationen alle 24 Stunden erneut von Facebook abgerufen werden. Das ist für sich genommen kein Skandal - wenn die Nutzer die Erlaubnis zurückziehen, müssen die Daten mit Ausnahme der Benutzer-ID gelöscht werden, so steht es in den Facebook-Bedingungen für Partnerfirmen, die nach wie vor gelten.
Facebook drängt ins Netz - gegen Google
Aber der Verzicht auf die 24-Stunden-Regel geht in dieselbe Richtung wie alle Neuerungen bei Facebook: Vorlieben und Interessen sind von nun an grundsätzlich etwas, das man mit einer unbestimmten Öffentlichkeit teilt. Facebook macht es seinen Mitgliedern immer leichter, Meinungen abzugeben und Angebote zu bewerten. Und Facebook macht es Partnerfirmen leichter, diese Daten zu nutzen.
Facebooks Expansion ins Web ist klar gegen Google gerichtet. Jede Selbstauskunft der Nutzer verbessert Facebooks Wissen über das Netz und die Werbe-Infrastruktur des Unternehmens. Welche Seiten sind besonders beliebt? Welche Artikel werden gerade am häufigsten weiterempfohlen? Google weiß, welche Seite im Web wohin verlinkt und wie oft Menschen Suchergebnisse anklicken. Facebook weiß, wer was gut findet.
Eine Milliarde der neuen Gutfinde-Schalter sollen 75 zum Start akquirierte Partner-Seiten auf ihren Angeboten in den ersten 24 Stunden ausliefern. Wenn das so weiterläuft, entsteht da eine neue Bewertungsdatenbank über das Netz. Nicht im Netz, sondern auf den Facebook-Servern.
Facebook will Nutzern interessante Werbung bieten
Das könnte auf mittlere Sicht für Anzeigenkunden interessant sein. Sie können heute schon bei Facebook die Selbstauskünfte der Mitglieder nutzen - anonymisiert. Sie sehen nicht, wer da Bio-Karotten gut findet. Sie können nur pauschal Werbeformate auf Facebook allen Leuten zeigen lassen, die sich für Bio-Kram begeistern. Vielleicht können die Werbekunden in Zukunft ihre Zielgruppe noch feiner einschränken, nicht nur nach Wohnort, Geschlecht, Alter und Interessen, sondern vielleicht auch nach den Angeboten im Web, die ihre Zielgruppe besonders gut findet.
Ein Datenschutzproblem sind solche Werbeformate nicht, solange Facebook der Mittler bleibt, nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Mitglieder Daten nutzt und Werbekunden nach wie vor nicht erfahren, wer da nun ihre Anzeigen zu sehen bekommt. Googles extrem erfolgreiches Werbesystem basiert auf einem ähnlichen Ansatz: Die Anzeigen sind nach den Suchanfragen personalisiert. Wer nach Hotels in London sucht, kriegt neben den Suchergebnissen Werbung für Unterkünfte. Wenn Facebook eine ähnlich zielsichere Abstimmung gelingt, könnte die Werbeakzeptanz ähnlich hoch wie bei den Google-Kontextanzeigen ausfallen: Wer Anzeigen sieht, die ihn interessieren, ist nicht genervt.
Facebook könnte Google also Aufmerksamkeit im Web abluchsen und zudem Konkurrenz bei relevanter Werbung machen. Der Google-Vergleich passt aber auch in einer anderen Hinsicht: Facebook verwaltet mehr und mehr Daten über das Verhalten seiner Nutzer. Und in Zukunft wird Facebook auch Daten über das Verhalten seiner Mitglieder auf anderen Web-Seiten verwalten.
Kommentar eines Software-Entwicklers: "Vielleicht schauen wir einmal auf die 2000er Jahre als das goldene Zeitalter des freien Web zurück, als der gütige Diktator Google herrschte."
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Das Internet - das bedeutet unendliche Weite. Kaum Zugangshürden für Menschen, die mitmachen wollen. Offene Standards. Enorme Vielfalt. Aber sieht so auch das Internet der Zukunft aus?
Zwei Jahrzehnte ist es her, dass Tim Berners-Lee in Genf die Standards für das Web aufschrieb, wie wir es heute kennen. Er legte, gemeinsam mit den Schöpfern der noch älteren Datenübertragungsprotokolle wie TCP/IP, die Grundlage für den Reichtum all der Internetmilliardäre und -millionäre, die zu den neuen Stars der Computerindustrie geworden sind - indem er eine Infrastruktur schuf, die komplett offen ist. Jeder kann sie nutzen. Kostenlos. Jeder kann sie erweitern. Das Internet basiert nicht auf einer geschlossenen Datenbank. Das WWW bevorzugt keine einzelnen Betriebssysteme, keine einzelnen Softwareanbieter oder Computerhersteller. Es ist erst mal für alle da.
Dank dieser Offenheit konnten Konzerne wie Google und Facebook zu den Giganten werden, die sie heute sind. Doch jetzt sind es gerade diese Unternehmen, die im Internet Inseln errichten. Zum Beispiel Amazon. Der Internethändler hat erst an diesem Donnerstag einen Download-Shop nach Apple-Vorbild für seine Kindle-Lesegeräte angekündigt. 30 Prozent der Einnahmen will Amazon behalten und außerdem entscheiden, wer was in dem Inselreich anbieten darf.
So halten es auch andere App-Store-Anbieter und Internetunternehmen, allen voran Apple. Ihre Inseln im Netz sind viel eher geschlossen als offen - und gerade deshalb durchaus auch reizvoll für Unternehmen wie für Nutzer.
Das Marktforschungsunternehmen Gartner sagt voraus, dass schon in drei Jahren mehr Menschen mit Handys und anderen mobilen Geräten ins Internet gehen werden als mit normalen Computern. Das mobile Web wird zum Trend der kommenden Jahre - und es wird anders funktionieren als das WWW. Es wird sich viel stärker auf die Inseln von Amazon, Google, Facebook & Co. fokussieren.
Die Konzerne konzentrieren und parzellieren das Internet und erfinden es dabei neu. SPIEGEL ONLINE analysiert, wie das Netz der Zukunft aussieht - und welche Rolle das mobile Web spielen wird:
Kaufen, kaufen, kaufen - immer öfter bei den Großen
Beim Internet-Shopping bekommen die Verbraucher inzwischen zu spüren, dass eine schleichende Konzentration auf wenige große Anbieter eingesetzt hat. Ob Musik, Bücher oder Hilfsprogramme, auf dem Markt gibt es klare Favoriten:
Im alten WWW wäre das undenkbar gewesen: Programmierer, Verlage und Medienkonzerne geben einem Zwischenhändler einen ansehnlichen Teil ihrer Einnahmen ab, nur um etwas Ladenfläche zu mieten? So etwas hätte als absurd gegolten - schließlich ist der Raum im Netz unbegrenzt.
Aber die Aufmerksamkeit der Kunden ist ein knappes Gut. Wer sie führt und bindet, wer ihnen simple Lösungen im komplexen Netz anbietet, der kann als Türsteher und Clubbetreiber sehr viel Geld verdienen. Apple macht es allen vor.
Je häufiger Menschen unterwegs ins Netz gehen, desto größer wird diese Macht der Zwischenhändler. Apple und Google exerzieren das mit ihren Plattformen gerade vor - die allerdings unterschiedlich ausgerichtet sind:
Diese beiden Konzepte konkurrieren, und noch ist nicht abzusehen, welches sich durchsetzt. Doch so oder so steht fest: Wer Software für Unterwegselektronik verkaufen will, wird sich in Zukunft mit Torwächtern herumschlagen müssen. Und zwar deutlich öfter, als es Windows-Programmierer je mit dem Ex-Monopolisten Microsoft zu tun bekamen.
Microsoft konnte sein Windows-Monopol nutzen, um eigenen Anwendungen wie Internet Explorer oder Office Vorteile zu verschaffen. Von vornherein aussperren konnte der Konzern Programme anderer Anbieter nicht. Google, Apple und die kleineren Betreiber von Software-Shops gewinnen hingegen entscheidenden Einfluss auf Schnittstellen - und auf viele Details, die andere Anbieter benachteiligen könnten.
Denn sie wickeln die Bezahlung ab, verwalten die Bewertungen, Ranglisten und Noten der Käufer und Anwender. Sie zentralisieren damit Informationen und veredeln sie zu brauchbarem Wissen für ihre Kunden. Und wenn es nur das Wissen ist, welche Navigationssoftware am häufigsten gekauft und welche am besten bewertet wurde.
Geschäfte unter Freunden - bei Facebook & Co.
Informationen sammeln, konzentrieren und als gebündeltes Wissen wieder an die Nutzer weitergeben - das ist auch der Mechanismus, der die Konzentration der sozialen Netzwerke vorantreibt. Sie zentralisieren Daten in einer exklusiven Datenbank, die ständig von den Nutzern kostenlos erweitert wird. Die Software von Communitys wie Facebook macht daraus Internetinhalte, die für Anwender wie Werber gleichermaßen attraktiv sind.
Diese Wirkung wird durch Handys der neuesten Generation noch verstärkt. Soziale Netzwerke und moderne Kommunikationsgeräte, die man immer dabeihat, die immer online sind - das passt zusammen. Xing-Chef Stefan Groß-Selbeck zitiert Zahlen, denen zufolge gut die Hälfte der mobilen Internetnutzung schon jetzt auf die Communitys entfällt. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie mit jedem neuen Mitglied, jeder Meinungsäußerung, jedem Foto, jeder Verknüpfung attraktiver für Menschen werden, die noch nicht dabei sind.
Wenn die Hälfte der Freunde sich bei Facebook austauscht, dann wird man sich dort vielleicht auch anmelden - und den Dienst mit Informationen füttern, die dessen Attraktivität weiter steigern. Diese Marktkonzentration treibt sich wie von selbst voran.
Internetstatistik ersetzt Marktforschung
Welche Folgen es für die Wirtschaft hat, wenn viele Informationen bei wenigen Anbietern wie Facebook liegen, kann man schon heute erahnen. Im klassischen WWW konnte jeder eine Webseite erstellen, auf ein paar Links und etwas Aufmerksamkeit hoffen. Bei Facebook und den anderen Gemeinschaften wächst die Chance auf Aufmerksamkeit mit jedem neuen Mitglied - und noch mehr:
Handy-Programme ermöglichen es inzwischen, in Communitys ständig seinen aktuellen Aufenthaltsort mitzuteilen. Außerdem gern auch Reiseziele, Freizeitpläne oder sonst etwas, was nicht zuletzt die Werbewirtschaft interessiert. Bisher verlangt Facebook nur Geld für Werbung. Aber warum sollten Unternehmen nicht irgendwann auch für ihre Präsenz in dem Netzwerk zahlen?
Facebook ist ein eher geschlossenes System - Twitter ein eher offenes, die Kurzbotschaften auf der Plattform sind schließlich für jeden Internetnutzer lesbar. Auch diese Plattform bietet neue PR-Möglichkeiten für Unternehmen. Doch auch hier gilt: Wer immer am Ende die Nase vorn hat, ein komplett offenes System wird es keineswegs sein.
Werben im mobilen Web - Alternative zu Anzeigen
Wer im Zug oder Flugzeug reist, hat Zeit für ein bisschen Lektüre. Wer nichts zum Lesen dabeihat, blättert dann im Kundenmagazin der Bahn oder in den Gratiszeitschriften an Bord - darum zahlen Unternehmen heute gern für Anzeigen in solchen Blättern: weil der Leser weniger abgelenkt ist als anderswo.
Was aber, wenn der Leser ein kleines Gerät dabei hat, mit dem man lesen, gucken, hören und vor allem einkaufen kann?
In wenigen Jahren dürfte es bei einem großen Teil der Kundschaft von Medienunternehmen soweit sein - und das wird den Werbemarkt verändern. Handys können schon jetzt recht genau feststellen, wo sie gerade sind. Bald könnten Unternehmen sich Anzeigen wünschen, die alle Menschen erreichen, die am Mittwochmorgen in der ersten Klasse im ICE nach Frankfurt sitzen.
Werbung nur nach dem inhaltlichen Umfeld zu buchen, also zum Beispiel Finanzanzeigen in der Wirtschaftszeitung, wird im Vergleich dazu unattraktiv sein. Und wer wird an den neuen Anzeigen verdienen? Google und Apple haben sich vor kurzem Vermarkter von derartiger Mobilwerbung einverleibt.
Google entwickelt selbst Mobiltelefone. Google verschenkt das Handy-Betriebssystem Android an Hardwarehersteller. Google setzt augenscheinlich auf eine Dominanz auf dem Mobil-Werbemarkt - ganz so, wie der Konzern sie heute bei der Vermarktung klassischer Suchmaschinenanfragen am Computer hat.
Ausblick - viele überleben, wenige gewinnen
Riesige Einkaufszentren im Internet, Communitys als riesige Datenbanken, maßgeschneiderte Werbung für Mobilgeräte - die Entwicklung des WWW in den kommenden Jahren ist schon jetzt absehbar. Viele Seiten werden überleben, aber nur wenige wirklich gewinnen.
Der Markt wird sich konzentrieren, und nur die wirklich Großen sind dabei die entscheidenden Spieler. Wenn alles läuft wie bisher, sieht das Internet, das neue mobile Netz in wenigen Jahren so aus:
Weil es bekanntlich immer anders kommt, wird man in fünf Jahren ein paar Firmennamen vielleicht durch andere ersetzen müssen.
Mit ziemlicher Sicherheit aber wird man nicht mal ein Dutzend Firmen an den entscheidenden Stellen zählen.
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Die Nasa hätte sehr, sehr viel Geld verdienen können mit dieser Idee. Es hätte vielleicht für eine Mondstation gereicht. Im November 2000, lange vor Facebook, Wikipedia, iStockphoto und all den anderen Internetseiten und -unternehmen hatten einige Nasa-Wissenschaftler eine großartige Idee. Sie wollten ausprobieren, ob Freiwillige, von denen jeder nur ein paar Minuten arbeitet, etwas von der Routinearbeit leisten können, die sonst ein Wissenschaftler in vielen Monaten ununterbrochener Tätigkeit schafft.
Es ging damals um Aufnahmen der Marsoberfläche, auf denen die Nasa Meteoritenkrater finden und klassifizieren wollte. Die geniale Idee der Wissenschaftler: Das können unbezahlte Freiwillige vielleicht genauso gut wie Mitarbeiter. Man stellte auf der Nasa-Website die Aufnahmen bereit. Freiwillige konnten sich registrierten und auf den ihnen zur Bearbeitung zugewiesenen Fotos die Einschlagsorte markieren. Wer einen kleinen Online-Test erfolgreich absolvierte, durfte sogar die entdeckten Krater nach einem Nasa-Schema klassifizieren.
Die Nasa hatte einen großartigen Namen für die unbezahlten Helfer: Clickworkers. Das Projekt war ein Erfolg. Im ersten Monat hatten die Klick-Arbeiter 271.211 Krater entdeckt und 76.003 klassifiziert.
Das Klick-Arbeiter-Prinzip haben viele Organisationen und Unternehmen in den 2000er-Jahren weiterentwickelt. Sie sammeln die Klicks anonymer Nutzer und veredeln sie zu Wissen. Beteiligt ist immer eine unbestimmte Masse an Menschen, die über das Internet wie auch immer geartete Daten schafft und bei einem Anbieter anhäuft. Egal ob Texte (Wikipedia), Kaufentscheidungen (Amazon) oder Bekanntschaften und Vorlieben (Facebook) - die große Kunst der erfolgreichen Datenorganisationen besteht darin, diese Informationen zu zentralisieren, zu ordnen und so auszuwerten, dass ein Mehrwert entsteht.
Massen vernetzen, Daten sammeln, analysieren und vermarkten - SPIEGEL ONLINE stellt die erfolgreichsten Datenveredler-Modelle der 2000er-Jahre vor.
Viele arbeiten fürs Gemeinwohl
Wikipedia wird gerne eine oder die Online-Enzyklopädie genannt. Aber das stimmt nicht ganz. Online-Enzyklopädien gab es vor der Wikipedia schon viele, zum Beispiel den Vorläufer Nupedia, den Wikipedia-Gründer Jimmy Wales 2000 mit Larry Sanger startete. Die Nupedia sollte ein richtiges Web-Nachschlagewerk werden mit statischen Texten, die vor Veröffentlichung in einem langen Prüfverfahren gelesen, ergänzt und korrigiert werden sollten.
Das Wiki-System führten Wales und Sanger im Januar 2001 als Nebenbeiprojekt der Nupedia ein: Die Online-Nutzer sollten bei diesem Experiment Artikel nicht nur lesen, sondern auch direkt bearbeiten und anlegen können. Das taten sie in einem solchen Ausmaß, dass die Nupedia 2003 beerdigt wurde und die Wikipedia, später getragen von einer Stiftung als die Online-Enzyklopädie überhaupt fortbestand.
Ein Grund, warum die Wikipedia im Gegensatz zur Nupedia (die hatte bei der Abschaltung 2003 nicht einmal 100 fertig lektorierte Einträge) so erfolgreich wurde: An der Wikipedia arbeitet ein Heer freiwilliger Autoren mit. Darunter sind viele Experten, die ihr Fachwissen in einem bestimmten Bereich beisteuern.
Schwarmintelligenz schlägt Autorenkult
Aber der Erfolg der Wikipedia beruht nicht nur darauf, dass viele Menschen schreiben. Die Wikipedia hat online mithilfe einer ausgefeilten Software ein sehr ausgeklügeltes Qualitätssicherungssystem etabliert: Die Wikipedia ist kein Gruppenblog, in dem jeder Autor veröffentlichen kann, was er gerade mag. Die Wiki-Software standardisiert Diskussion, Kontrolle und Ergänzung von Artikeln. Man muss nicht schreiben, um die Enzyklopädie zu bereichern: Jeder Verweis auf eine Originalquelle, jede nachrecherchierte, korrigierte und ergänzte Information, jeder Verweis auf einen anderen, ergänzenden Artikel und jede Diskussion über ein Detail eines Beitrags bereichert das Mitmach-Lexikon.
Ein Grund für den Erfolg der Wikipedia ist, dass das System nicht nur umfassende Texte einzelner Autoren, sondern die Fülle vieler Detailinformationen einer zum Teil anonymen Masse von Zuträgern verarbeiten kann. Schwarmintelligenz statt Autorenkult. Das macht die Wikipedia so schnell und detailreich.
Schwarmintelligenz muss sich mit Autoreneitelkeit vertragen
Verblüffend am Wikipedia-Erfolg ist, dass keiner der Wikipedia-Zuträger eine finanzielle Entschädigung für seine Arbeit erhält. Was treibt die Menschen an? Da ist zum einen das gute Gefühl, etwas für das Gemeinwohl zu tun, was auch die Nasa-Clickworker bei ihrer Mars-Mission angetrieben haben dürfte. Bei Wikipedia wirkte in der Anfangszeit außerdem der Pioniergeist: Es gab so viele noch nicht geschrieben Artikel, so viel Wissen, das in dem neuen Lexikon erfasst werden musste.
Jeder, der da mitschrieb und recherchierte spürte, an etwas neuem, großen mitzuwirken. Eine ähnliche Gemengelage dürfte die Menschen antreiben, die derzeit mit GPS-Empfänger durch die Gegend ziehen und das Projekt Openstreetmap um Landkartendaten bereichern: Man tut etwas, das nur in der Masse wirklich großartig ist und doch ist der einzelne Beitrag, so klein er auch sein mag, erkennbar - diese Straße in der Openstreetmap habe ich digitalisiert! Diesen Artikel habe ich um den Verweis zum Fachaufsatz von 1985 ergänzt!
Herausforderung für Wikipedia: Wie motiviert man Mitarbeiter?
So groß ein Schwarmprojekt wie die Wikipedia auch sein mag - wichtig für die Erfolgserlebnisse der Helfer ist es, dass jeder seinen Beitrag sehen kann. Ein wenig Autoreneitelkeit ist menschlich und wo auch immer diese Befindlichkeiten ignoriert werden, gibt es irgendwann ein Motivationsproblem. Vor diesem Problem steht die Wikipedia inzwischen. Es gibt immer weniger Platz für neue Texte und neue Autoren. Denn zu jedem Thema existiert ja immer nur ein einziger, allumfassender, abschließender Artikel, an dem viele Autoren mitschreiben. Je weniger Themen auf Wikipedia fehlen, desto stärker rücken die bestehenden Artikel ins Zentrum des Interesses - und desto heftiger werden sie debattiert, ergänzt, überarbeitet.
Hier zeigt sich eine Herausforderung des Mitmach-Prinzips, insbesondere der Wikipedia-Version: Da es keine finanziellen Anreize gibt, sind die sozialen extrem wichtig. Wird die Pflegearbeit an einer Online-Enzyklopädie für unbezahlte Freiwillige reizvoll genug sein? Werden genug Menschen pflegen, wenn sie nicht Artikel zu völlig neuen Themen schreiben dürfen? Seit zwei Jahren tobt ein Streit unter Wikipedia-Zuträgern, der sich an diesem Problem entzündet.
Zuerst flammte er vor zwei Jahren in der englischsprachigen Wikipedia auf , nun erfasst er auch die deutschsprachige: Es geht um die Relevanz von Themen, um die Frage, wie viele neue Artikel geschrieben werden dürfen über Themen, die vielleicht nur eine Minderheit der Nutzer interessieren, was in Artikel überhaupt stehen darf. Der Twitter-Kanal " Löschkandidaten" veranschaulicht die Löschdebatte in Deutschland, die Seite Wikirage die Redigierkriege um Artikel in der englischsprachigen Wikipedia.
Die Relevanz- und Redigierdebatten zeigen, wie anfällig ein auf Schwarmintelligenz beruhendes System für soziale Entwicklungen in der Nutzerschaft ist. Die erhitzten Debatten sind mit Sicherheit eine Folge des Problems, vor dem das soziale System Wikipedia steht: Es muss eine neue Aufgabe für sich und eine neue Motivation für die Mitarbeiter finden.
Alle haben Spaß, ein paar verdienen mit
Wie lukrativ es sein kann, eine Masse talentierte Amateure nebenbei in Teilzeit die Arbeit machen zu lassen, die einst Vollzeit-Profis machten, demonstrieren Web-Dienste wie Suite101.com, About.com, Googles Knol und iStockphoto. Die Modelle unterscheiden sich: Suite101.com und About.com veröffentlichen Artikel von Freiwilligen und beteiligten diese an Werbeeinnahmen, iStockphoto verkauft die Fotos von Hobby-Knipsern (und Profis) und bezahlt Anteile aus.
Diese Anbieter tun das seit Jahren. Ihr Erfolg rührt aus einer einfachen Rechnung: Mehr Mitarbeiter bei weniger Ausgaben und geringeren Kosten für die Kunden (sei es nun bei Werbeplätzen oder Fotolizenzen). Die Unternehmen motivieren ihre Mitarbeiter nach derselben Methode: Ähnlich wie bei Wikipedia tun die Suite101-Autoren und iStock-Fotografen, etwas, was für sie zum Teil unter Freizeitbeschäftigung fällt - Schreiben, Fotografien, das sind für viele Menschen schöne Hobbys.
Dass sie ihr Hobby ein wenig intensivieren und an den Maßgaben der Portale ausrichten, die sie füttern, resultiert aus der Anerkennung, die sie dort erfahren: Ihre Arbeit wird bestenfalls veröffentlicht (es gibt ein Auswahlverfahren, was den Reiz der Veröffentlichung steigert) und sie werden sogar am finanziellen Erfolg (ein wenig) beteiligt. Auch wenn für viele Fotografien und Autoren nur kleine Beträge dabei rausspringen, die ein Zubrot, aber keine Existenzgrundlage sind: Immerhin entlohnt sie da jemand für etwas, das sich immer noch ein wenig wie ein Hobby anfühlt. Das schmeichelt dem Autorenego.
Viele gestalten, einer verkauft
Eine Edel-Version der iStockphoto-Prinzips setzt der T-Shirt-Shop Threadless.com seit 2000 um: Hier reichen Designer ihre T-Shirt-Entwürfe online ein, die Nutzer stimmen ab, jede Woche wird eine handvoll neuer Design gedruckt. Die Urheber der ausgewählten T-Shirt erhalten ein 2000 US-Dollar in bar und Geschenkgutscheine. Für jede neue Druckauflage gibt es 500 US-Dollar.
Alle malochen für lausige Pennys, einer organisiert
Die Amazon-iPhone Anwendung ist ein wenig gespenstisch: Man schießt ein Foto von was auch immer und ein paar Minuten später findet das Programm ein ähnlich aussehendes Produkt auf Amazon.com. Fotografiert man seinen Fuß, empfiehlt Amazon Remembers den Kauf eines abgetrennten Kunstfußes aus Plastik, knipst man eine Zigarette, rät Amazon zum Kauf eines "E-cigarette Stater kits Marlboro" und nimmt man ein Aufzugsbedienfeld auf, ist der Onlineshop richtig lustig und schlägt die CD "Retro Elevator Music" vor.
Das muss eine sehr ausgeklügelte Software sein, die diese Ergebnisse liefert, denkt man sich. Tatsächlich arbeiten hunderte von Mikro-Jobbern die Amazon-Fotos ab und suchen Kaufempfehlungen heraus. Im November 2005 hat Amazon für derartige Aufgaben eine eigene Arbeitskraft-Auktionsplattform namens "Mechanical Turk" eröffnet. Benannt nach der vorgeblichen Schachmaschine aus dem 18. Jahrhundert hilft die Amazon-Plattform Unternehmen, günstige Online-Arbeiter für einfache Aufgaben zu finden, die Menschen gut, Computer aber schlecht beherrschen.
Amazon verdient zehn Prozent Provision dabei. Was die Amazon-Malocher antreibt? Die Löhne sind extrem niedrig, das Geld kann also nur ein netter Nebenverdienst sein - für eine Arbeit, die vielleicht einfach genug ist, um sie müde nebenher zu machen, wenn man nach einem langen Arbeitstag zu nichts wirklich Kreativen mehr in der Lage ist. Man kann die Mechanical-Turk-Aufgaben als eine Art (schlecht) bezahltes Solitär sehen: Wie viele schaffe ich in einer halben Stunde? Nur das man eben nicht Punkte, sondern lausige Pennys sammelt.
Dieses Spielprinzip nutzen Prognosebörsen sehr bewusst: Hier wettet man auf bestimmte Ereignisse und gewinnt bisweilen sogar, wenn sie eintreten.
Keiner verdient, alle schuften eine paar Sekunden lang
Eine kommerzfreie Variante von Mechanical Turk ist reCAPTCHA: Dieses Projekt digitalisiert gescannte Bücher. Wörter, die die Software nicht erkennt, werden von menschlichen Arbeitskräften übersetzt. Unbezahlten Arbeitskräften: Wer in Internet-Foren kommentieren will, muss oft obskure Zeichen-Folgen in Grafiken erkennen und korrekt eintippen. Das hält Spam-Roboter fern. Eine reCAPTCHA-Version dieser Kontroll-Software füttert nebenbei die digitale Bibliothek des gemeinnützigen Internet-Archivs Archive.org mit den korrekten Eingaben der Forennutzer.
Alle klicken - einer kassiert
Ganz gleich, ob Facebook (2005), Flickr (2004) oder StudiVZ (2005) - soziale Netzwerke sind mit demselben, sich selbst verstärkenden Prinzip binnen fünf Jahren zu den Aufmerksamkeitsmagneten im Internet geworden: Die Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Online-Zeit auf diesen Seiten. Dabei überlassen die Anbieter es völlig den Nutzern, die Inhalte zu schaffen, die sie und andere hier binden - persönliche Vorlieben, Mitteilungen, Fotos und Kontakte sind die wichtigsten Inhalte.
Natürlich gibt es inzwischen auch viele klickträge Spiele externer Entwickler für Plattformen wie Facebook - aber sie sind nur deshalb so erfolgreich, weil alle Mitspieler ihren gesamten Bekannten- und Freundeskreis über ihre Spielerfolge informieren und zu einem Vergleich auffordern können. Je mehr Freunde man für ein solches Netzwerk wirbt, umso stärker steigt die Attraktivität der Plattform für alle Teilnehmer - ein sich selbst verstärkendes System, das nebenbei für den Betreiber höchst interessante Daten abwirft: Man kann Werbekunden zum Beispiel anbieten, Anzeigen allen Menschen zu zeigen, die in Ihrem Profil als Interesse Rap und als Wohnort New York eingegeben haben.
Die Masse hört, guckt, kauft - die Software protokolliert
"Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch…" - dieser Satz auf den Seiten des Amazon-Onlineshops ist legendär. Er fasst ziemlich gut zusammen, wovon so unterschiedliche Angebote wie LastFM, iTunes und die Google-Suche profitieren: All diese Dienste werten das Kauf- und Klickverhalten ihrer Kunden und Nutzer aus und veredeln den Datenwust zu Informationen mit Mehrwert: Google schlägt mehr oder minder sinnvolle Ergänzungen für Suchanfragen vor, iTunes verkauft mehr Musik durch Empfehlungen, LastFM bindet die Nutzer durch Vorschläge, was man noch so hören könnte.
An die Urväter von Playstation, XBox und Co. erinnert sich heute kaum noch jemand. Zu Unrecht, immerhin hat Magnavox ein komplettes Unterhaltungsgenre geschaffen. Doch nicht nur die Konsolenschöpfer sind in Vergessenheit geraten, auch andere Vordenker der IT-Industrie und ihre Wurzeln sind heute höchstens noch ausgewiesenen Technologiehistorikern ein Begriff.
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Unfair verkürzt sah das Geschäftsmodell der meisten sozialen Netzwerke und Webdienste bislang so aus: Mit einem Gratisangebot möglichste viele Menschen auf die Seite locken, um dann irgendwann mit Werbung, die sehr viele Menschen sehen, sehr viel Geld zu verdienen. Nur explodieren die Werbebudgets derzeit nicht gerade. Und so suchen nach vielen Monaten Wirtschaftskrise einige Unternehmen nach neuen Erlösquellen.
Facebook zum Beispiel entwickelt eine Mischung aus Paypal und Apples App Store: Facebook-Manager Justin Osofsky kündigt im Firmenblog an, dass Entwickler von Facebook-Programmen nun den Bezahldienst des Unternehmens testen können. Facebook will die Abwicklung von Kreditkartenzahlungen der Mitglieder für Drittanbieter übernehmen.
Bezahldienste, Ticketprovisionen, Panda-Geschenke - SPIEGEL ONLINE zeigt die Experimente der großen Menschelnetzwerke.
Software-Plattform - Dritte arbeiten lassen
Osofsky beschreibt die Strategie so: "250 Millionen Mitglieder können heute Facebook-Credits in 15 Währungen kaufen." Facebook setze darauf, dass die Alternativwährung populärer werde und "den Entwicklern bei der Monetarisierung helfen und Nutzern eine gute Erfahrung bieten wird".
Das ist einer der kreativeren Ansätze, neben Werbung noch andere Erlösquellen zu erfinden: Von den Nutzern direkt kann man es ja kaum verlangen - schließlich lebt Facebook ähnlich wie Google davon, die Aufmerksamkeit möglichst vieler Menschen über ein Gratis-Angebot möglichst lang auf einer Plattform zu binden. Diese Aufmerksamkeit kann man natürlich ganz klassisch wie das Privatfernsehen und Gratis-Angebote im Web über Werbung zu Geld machen. Aber Facebook will auch die Besucher anzapfen - über Bande.
Drittanbieter können sich Anwendungen ausdenken, die exklusiv, interessant oder eng genug auf eine Nische zugeschnitten sind, dass Menschen dafür zahlen. Facebook macht es den kleinen, kreativen Anbietern leicht, Geld einzutreiben, kassiert dabei Provision und hat kein Risiko, aber alle Vorteile des Mittelsmannes: Zusätzliches Geld kommt rein, die eigene Plattform wird durch die Angebotsvielfalt interessanter, aber niemand bekommt den Eindruck, dass Facebook wesentliche Funktionen kostenpflichtig macht.
Ähnlich wie Apple, Ebay, Google und viele andere Dienste lässt Facebook dabei Drittanbieter gratis für sich arbeiten: Was gut für ihr Geschäft ist (interessierte Nutzer), festigt nebenbei auch Facebooks Position bei den Nutzern - ein sich im besten Fall selbstnährender Trend.
Provisionsgeschäfte - andere verkaufen, MySpace kassiert
Einen konservativeren Weg geht MySpace bei der Suche nach neuen Geldquellen: Das Menschelnetzwerk, das viele inzwischen vor allem als knallbunte Musikabspielbude wahrnehmen, versucht es mit einer Idee, die man als gute alte Leserreise vielleicht noch aus der Regionalzeitung kennt: MySpace lässt ausgewählte Drittanbieter Produkte auf den eigenen Seiten verticken und verdient an den Provisionen.
In Deutschland verkauft seit ein paar Wochen der Ticketvertrieb Eventim Konzertkarten über die MySpace-Seiten der entsprechenden Künstler. Außerdem kooperiert MySpace mit dem T-Shirt-Bedrucker Spreadshirt, der via MySpace passende Merchandising-Artikel der Musiker vertrieben will.
"Diese Einnahmen aus alternativen Erlösquellen sind mit den Werbeeinnahmen noch nicht zu vergleichen", erklärt MySpace-Manager Joel Berger SPIEGEL ONLINE. Aber man habe ja auch gerade erst damit angefangen, und der Versuch in Deutschland sei die erste Kooperation "dieser Art weltweit".
Wie schnell wie viel Geld damit verdient werden soll, sagt Berger nicht. Die Idee ist jedenfalls bestechend: Obwohl de facto MySpace hier Werbung für konkrete Produkte macht, werden die meisten Nutzer die Ticket-Angebote höchstwahrscheinlich als Serviceangebot wahrnehmen - schließlich rufen sie die MySpace-Seiten ihrer Lieblingsbands ja auf, weil sie sich für eben die interessieren.
Nebengeschäfte - Digital-Marke auf Analoges pappen
Da Menschen gelernt haben, im Web für Digitales selten zu zahlen, versuchen Portale, über ihre bekannte Marke Analoges zu verkaufen. Das funktioniert nicht immer: Ebay hat in Deutschland mit dem Verlagshaus Gruner + Jahr 2007 versucht, das "eBay Magazin" als Kiosktitel zu etablieren, inzwischen wird das Heft bestimmten Kunden gratis zugestellt. Wer nicht zu dem umsatzstarken Kreis gehört, kann sich vier Hefte im Jahr für neun Euro zuschicken lassen.
MySpace versucht etwas ähnliches mit Telefonen (bis Ende Juni gab es ein MySpace-iPhone für Studenten) und Musik-Compilations: Seit Ende Juni ist die erste "MySpace-Compilation" im Handel, eine Doppel-CD mit 42 Titeln (für knapp 20 Euro) von gerade populären Band wie MGMT, Glasvegas und Gossip. Ob hier die Marke MySpace besser als beim Ebay-Heft zieht, muss sich noch zeigen - die Kundenkommentare bei Amazon sind positiv, der Verkaufsrang derzeit aber nicht überragend hoch.
MySpace-Manager Berger will solche Nebengeschäfte ausbauen, auch wenn Werbung derzeit viel mehr Geld bringt: "Die alternativen Erlösquellen bieten mehr Potential, bewegen sich aber auf niedrigerem Niveau. Hier kann man noch viel bewegen."
Paid Content - Panda-Bildchen gehen gut
Dass man für bestimmte Dienstleistungen im Web Geld verlangen kann, macht das deutsche Business-Netzwerk Xing vor, das den größten Teil seines Umsatzes aus den Abo-Gebühren seiner Premium-Mitglieder bestreitet. 550.000 Mitglieder zahlen, sieben Millionen sind registriert. Xing ist hier bislang allerdings eine Ausnahme, die die Regel bestätigt: Große Netzwerke schaffen Reichweite durch Gratis-Dienste.
Facebook nimmt durchaus direkt Geld von Mitgliedern: Für virtuelle Geschenke - das sind kleine Bildchen kuschelnder Pandas, leckerer Geburtstagstorten oder schielender Schweinchen. Für umgerechnet 0,72 Euro kann man so ein Bildchen kaufen und einem Facebook-Freund schenken. Viele Geschenke sind limitiert, werden also nur 100.000 oder 500.000-mal verkauft.
MySpace will solche Experimente zunächst nicht machen. Manager Berger: "Wir konzentrieren uns erst mal auf die Bereiche Ticketing, Merchandising, CDs und Musik-Downloads, Telekommunikation und Games. Virtual Goods und optionale Premiumdienste sind weitere Möglichkeiten, mittelfristig aber noch nicht in Sicht."
Die Pandas bei Facebook erinnern ein wenig an die lange Zeit so profitablen wie verhassten Download-Logos von Anbietern wie Jamba. Wie viel Facebook mit den Torten und Tierchen verdient, ist nicht öffentlich. Das Unternehmen teilt auf Anfrage lediglich mit: "Inklusive gekaufter, kostenloser und gesponsorter Geschenke wurden bis Ende 2008 insgesamt 60 Millionen Geschenke auf Facebook verschenkt."
Wie viel davon bezahlt waren, kann man nur vermuten. Die Schätzungen reichen bis zu drei Millionen Dollar im Monat - das hat vor einem Jahr der Risikokapitalgeber Jeremy Liew von Lightspeed Venture Partners auf Basis der von Facebook angegebenen Verfügbarkeit einzelner Geschenke errechnet.
36 Millionen Dollar für Panda-Bildchen?
Es kommt eben meistens anders, als man denkt. Als im Jahr 2002, bei der vorigen Rezession und Werbekrise die US-Zeitung "USA Today" über die Hoffnungen auf Bezahlinhalte schrieb, erklärte Analyst David Card von Jupiter Media Metrix: "Mir scheint es, dass die Web-Unternehmen auf den einen großen Erfolg hoffen, nachdem sie Geld verloren haben. Erst waren es Werbung und E-Commerce, nun sind es Bezahldienste, als nächstes kommen Breitband und Mobilangebote. Es gibt kein Wundermittel."
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Von Facebook wollte die Web-Schwatzbude Twitter sich nicht kaufen lassen - nun will angeblich Google sein Glück versuchen. Das US-Fachblog Techcrunch berichtet, Firmenvertreter würden über einen Verkauf verhandeln, zwei Quellen hätten das Techcrunch unabhängig voneinander bestätigt. Eine dritte Quelle habe behauptet, es gehe bei den Verhandlungen allein um ein gemeinsames Suchmaschinenprojekt. Völlig abwegig sind diese Spekulationen nicht (auch wenn die Status-Updates der Twitter-Chefs anders klingen). Twitter-Mitgründer Evan Williams hat ja schon einmal ein Unternehmen an Google verkauft, die Weblog-Plattform Blogger.
Und Twitter hat etwas, das Google für alle möglichen Geschäftsbereiche brauchen kann: Eine Menge sehr aktiver Mitglieder, die in Echtzeit Themen verlinken, Meinungen aufschreiben und Vorgänge kommentieren. All das zusammengenommen und mit einer cleveren Software nutzbar gemacht, könnte es Google in vielen Bereichen helfen. Hier einige Beispiele:
Twitter als Futter für die Suchmaschine
Die in Echtzeit ausgewertete Kommunikation in den Twitter-Mikroblogs könnte Googles Suchmaschine eine stärkere Gewichtung der Aktualität und Brisanz bestimmter Themen ermöglichen. Bei Twitter schreiben sehr viele Menschen in kurzen Sätzen, was gerade ihre Aufmerksamkeit erregt und bindet. Aus der Sicht einer Suchmaschine ist das eine Armee kostenloser, menschlicher Mitarbeiter, die freiwillig mitteilen, was sie gerade bewegt - digitalisiert und perfekt sortierbar nach Sprache, IP-Region, sogar nach Vernetzung und Relevanz der einzelnen Autoren (je mehr Follower ein Twitter-Autor hat, umso relevanter sind seine Beiträge).
Endlich eine Menschel-Maschine für Google
In Googles Portfolio fehlt ein in Nordamerika und Europa erfolgreicher Dienst, der Menschen bindet. Trotz Profilen ist die Google-Tochter YouTube eher eine Videoabspielplattform denn ein Menschel-Medium. Diese Lücke fällt heute umso mehr auf, da Google in vielen Bereichen längst davon abgerückt ist, ein Vermittler von Aufmerksamkeit zu sein, Menschen zu Inhalten zu leiten, Werbung als Dienstleister zu verwalten und dabei einen guten Schnitt zu machen. Google ist immer weniger Aggregator und immer mehr Produzent.
Google agiert heute in vielen Bereichen als Medienkonzern, bietet Nachrichten, Videos, digitale Bücher auf der eigenen Plattform. Wenn Google selbst Werbeumfelder gestaltet und betreibt, fehlt in dem Angebot ein soziales Netzwerk. Nur wenige Web-Angebote binden die Aufmerksamkeit von Menschen so gut und dauerhaft wie Dienste à la Facebook. Da Google mehr und mehr solcher Aufmerksamkeitsmagneten selbst verwaltet, wäre Twitter eine gute Ergänzung - wie bei Facebook verstärkt sich die Sogwirkung dieses Dienstes von selbst. Je mehr Menschen dort aktiv sind, umso interessanter wird das Angebot für sie und ihre Freunde.
Und: Wenn ständig etwas Neues passieren kann, ist der Drang groß, ständig die entsprechende Seite zu verfolgen. Das ist der Echtzeit-Trick bei Twitter: Die Nutzer haben das Gefühl, nahezu live zu verfolgen, was um sie herum im Web passiert.
Aus dieser Aufmerksamkeit Profit zu schlagen, ist Twitter bislang nicht geglückt. Das könnte Google schaffen.
Ein neuer Aufmerksamkeitsverteiler
Googles Suchmaschine ist heute der Aufmerksamkeitsverteiler schlechthin im Web: Wer gezielt Inhalte finden will, sucht und verlässt sich auf die Logik der Suchmaschinen. Aber Twitter und die neu gestaltete Facebook-Plattform zeigen, dass eine zweite Art der Web-Suche gerade Freunde gewinnt: Die Suchmaschine für Menschen, die gar nicht genau wissen, was sie suchen.
Wer bei LastFM Musik hört und in den Empfehlungen seiner Freunde stöbert, hat eine sehr abstrakte Suchanfrage im Kopf: Ich suche Musik, die mir gefallen könnte. Solche Suchanfragen kann Google nicht beantworten. Wer bei Facebook und Twitter in Echtzeit verfolgt, wer aus seinem Bekannten- und Freundeskreis gerade was denkt, kommentiert, im Web entdeckt, gekauft, gehört, gesehen hat, macht das mit einer ähnlich abstrakten Suchanfrage im Kopf: Ich will Dinge erfahren, die mich interessieren könnten.
Diese Antworten kann derzeit kein Suchmaschinen-Algorithmus zufriedenstellend beantworten. Auch Google nicht.
Neue Werbeformen
Google handelt mit Aufmerksamkeit und verkauft Werbeplätze. Das Geniale an Googles Geschäftsmodell ist das Parasiten-Prinzip beim Werbeplatz-Verkauf: Das Gros der Adsense-Werbeplätze, für die Google Geld kassiert, liegt auf Seiten, die Google nicht selbst betreibt. Das Unternehmen ist nur ein Mittler und kassiert dafür Provision.
Nur wollen Unternehmen irgendwann einmal den Menschen vielleicht nicht nur auf irgendwelchen Seiten Banner zum Draufklicken zeigen, sondern direkt mit ihnen in Kontakt treten. Facebook und Twitter haben das Potential, Werbeplätze für solche Direktkommunikation nach einem ähnlichen Parasiten-Prinzip zu verkaufen wie Google es heute mit Werbeflächen auf Websites tut.
Bei Facebook und Twitter kann heute jeder Nutzer Politiker, Firmen und Medien als Freunde hinzufügen und sich dann fortwährend anhören, was Barack Obama oder SPIEGEL ONLINE ihren Facebook-Freunden zu sagen haben. Bei Twitter läuft das genauso, dort hat sich Facebook diese Idee abgeschaut.
Für diese Dienste werden Facebook und Twitter mit Sicherheit einmal Geld verlangen können - Unternehmen bezahlen heute Geld dafür, dass Menschen auf ihre Banner klicken. Warum sollten sie dafür bezahlen, Zigtausende Fans um sich scharen zu dürfen, in einem Umfeld, wo diese Menschen auch mit ihren echten Freunden und Bekannten kommunizieren?
Wenn der Verkauf solcher Plätze in Menschel-Netzen zu einem Geschäft wird, kann Google daran mit seinem bisherigen Portfolio wenig verdienen. Das ist ärgerlich für einen Konzern, der dadurch groß geworden ist, aus den privaten Websites von Millionen von Amateuren und Nebenbei-Web-Gestaltern ein milliardenschweres Werbeumfeld zu machen.
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Nein, er wolle nicht im Büro darüber sprechen, sagte Bernard Madoff diese Woche zwei leitenden Angestellten seiner Firma. Der 70-jährige Börsenprofi, Ex-Chef der Technologiebörse Nasdaq, Mitglied im Aufsichtsrat der Regulierungsbehörde für Börsenhändler NASD, wollte nicht im Büro seiner New Yorker Wertpapierfirma mit laut Eigenwerbung 700 Millionen Dollar Kapital erklären, warum er so angespannt wirkte.
Madoff verweigerte auch die Antworten auf Fragen, warum er die Unterlagen seiner Anlageberatung wegschließt, warum er dieses Geschäft im Alleingang von einer isolierten Büroetage aus führt und warum er in diesem Jahr völlig überraschend Bonuszahlungen unbedingt zwei Monate eher als üblich ausschütten wollte.
Madoff lud die zwei leitenden Angestellten in seine Wohnung nach Manhattan ein. Dort machte er reinen Tisch: "Ich bin erledigt, ich habe gar nichts mehr, es war alles eine große Lüge, im Grunde genommen ein gigantisches Schneeballsystem."
So steht es in der Klageschrift der US-Börsenaufsicht SEC ( PDF-Dokument) und der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen Madoff ( PDF-Dokument). Der Vorwurf: Madoff soll Anleger um rund 50 Milliarden Dollar betrogen haben. Die Einlagen neuer Investoren sollen angebliche Gewinnausschüttungen für die Altanleger finanziert haben.
"Wall Street Journal": Madoffs Söhne informierten das FBI
Auf 16 Seiten erzählen diese Klageschriften in einer knappen, nüchternen Sprache die Geschichte des womöglich größten Anlagebetrugs eines einzelnen Täters in der US-Geschichte.
Und sie erzählen auch von einem persönlichen Drama. Denn die beiden leitenden Angestellten, auf deren Aussagen sich die Anklage im Wesentlichen stützt, sind laut Informationen des " Wall Street Journal" die beiden Söhne Madoffs.
Madoffs Plan: Das letzte Geld Freunden geben, dann stellen
Wenn die Darstellung der Klageschriften sich als zutreffend herausstellt, hat Bernard Madoff nicht nur jahrelang Anleger, sondern auch seine Söhne Andrew und Mark betrogen: Ihnen habe er am Mittwochabend in seiner Wohnung eröffnet, dass von den Anlegermilliarden nur 200 oder 300 Millionen übrig seien.
Die Söhne gingen bis dahin laut eigenen Aussagen von Anlagen im Wert von bis zu 15 Milliarden Dollar aus. Ihr Vater soll ihnen erklärt haben, er wolle sich den Behörden stellen, zuvor aber das verbliebene Geld an Mitarbeiter, Angehörige und Freunde ausschütten.
"Es gibt dafür keine harmlose Erklärung"
Nach diesem Geständnis haben laut "Wall Street Journal" Madoffs Söhne Andrew und Mark ihren Anwalt verständigt, der die Behörden einschaltete. Am Donnerstag suchten FBI-Agenten Madoff auf.
In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft versichert FBI-Ermittler Theodore Cacioppi eidesstattlich, Madoff habe den Beamten gesagt: "Es gibt dafür keine harmlose Erklärung." Er habe Geld von institutionellen Anlegern verloren, er habe Anleger mit Mitteln ausbezahlt, die es "nicht gab", es sei alles seine Schuld, er sei pleite und erwarte nun, ins Gefängnis zu gehen.
Angeblich 10,5 Prozent Durchschnittsrendite im Jahr
Unklar ist bislang, wie lange der Betrug schon andauert. Auch in den Anklageschriften gibt es dazu keinen Hinweis. Das "Wall Street Journal" zitiert aus Unterlagen eines von Madoff verwalteten Hedgefonds, der seit Ende 1990 eine jährliche Durchschnittsrendite von 10,5 Prozent erwirtschaftet haben soll.
Die Probleme bei Madoffs Anlagefirma begannen laut den Aussagen von Mitarbeitern in den Klageschriften nach der Finanzkrise. Anfang Dezember habe Madoff einem leitenden Angestellten mitgeteilt, viele Anleger würden ihre Anlagen abziehen, sieben Milliarden Dollar seien fällig und er habe Probleme, diese Mittel flüssig zu machen.
Aber einige Börsenexperten zweifelten offensichtlich schon vor Jahren an den von Madoff erwirtschafteten Gewinnmitteilungen. Das "Wall Street Journal" zitiert aus Briefen des Börsenhändlers Harry Markopolos, der die US-Börsenaufsicht SEC immer wieder, erstmals 1999, gedrängt haben soll, Madoffs Geschäfte zu prüfen.
Drei angestellte Wirtschaftsprüfer kontrollieren Milliarden
Die New Yorker Anlageberatung Aksia erklärt in einem Brief ( PDF-Dokument) an Investoren, sie habe schon im Dezember 2006 vor Anlagen bei Madoff gewarnt. Grund dafür: Man habe festgestellt, dass die mit der Prüfung der Bücher beauftragte Firma "Friehling & Horowitzhad" lediglich drei Angestellte hatte: Einen 78-Jährigen Angestellten in Florida, eine Sekretärin und einen Buchhalter mit einem 20-Quadratmeter großen Büro in New York.
Ob daraufhin ermittelt wurde, wollte die SEC auf Anfragen des "Wall Street Journal" nicht beantworten. Sanktionen gegen Madoff wegen unzulässiger Geschäftspraktiken sind jedenfalls nicht bekannt. Und so etwas schien bis vor wenigen Tagen auch undenkbar. Monica Gagnier, eine Redakteurin des US-Wirtschaftsmagazins "Businessweek", die schon in den achtziger Jahren von der US-Technologiebörse Nasdaq berichtete und oft Kontakt zu Madoff und seinem Bruder hatte, erinnert sich im "Businessweek"-Blog so: "Die beiden haben immer Maßnahmen für mehr Transparenz und Haftung durchgesetzt."
Auch hätten sich die Madoff-Brüder als Händler an der Börse Cincinnati immer wieder für mehr Transparenz und elektronische Kontrollsysteme für den "ineffizienten und oft zwielichtigen außerbörslichen Wertpapierhandel" plädiert.
Madoffs Anwalt Dan Horwitz wollte sich Medien gegenüber nicht im Detail zu den Betrugsvorwürfen äußern. Dem "Wall Street Journal" erklärte er lediglich: "Er ist eine integere Persönlichkeit. Er hat vor, sich durch diese unglücklichen Ereignisse durchzukämpfen."
Opfer: Stiftungen, Fonds, reiche Privatleute
Zu Madoffs Kunden gehörten Fonds, Stiftungen und vermögende Privatpersonen. Einige der bislang bekannten Opfer:
Eine kleine US-Stiftung, die " Robert I. Lappin Charitable Foundation" hat bereits unter Verweis auf die erwarteten Verluste durch Madoff-Anlagen den Stopp aller Unterstützungszahlungen erklärt.
Die Investoren vertrauten Madoff ihr Geld aber nicht nur wegen seines Namens an. Ein Anleger aus Los Angeles erklärte der " New York Times", warum viele seiner Verwandten fast ihr gesamtes Vermögen bei Madoff angelegt hatten: "Sie begannen mit kleinen Summen, investierten 5, 15 oder 30 Jahre lang und erhielten jedes Jahr eine große Ausschüttung, und konnten immer ihr Geld abziehen."
Bis jetzt.
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Mark Zuckerberg ist ein müder Milliardär. Zumindest an diesem Montagabend. Der 24-Jährige Studienabbrecher, Gründer und Chef von Facebook, ist ein bisschen blass und hat tiefe Ringe unter den Augen. Er ist auf Europa-Tournee - denn es gibt Nachholbedarf auf dem alten Kontinent.
Über 110 Millionen aktive Mitglieder hat Facebook inzwischen - in Deutschland sind es aber nur gut 1,2 Millionen. Also ist Zuckerberg, der laut "Forbes" etwa anderthalb Milliarden Dollar schwer ist, selbst in die Bundesrepublik gekommen, um ein bisschen Überzeugungsarbeit an der Basis zu leisten.
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Als Neuntklässler hat er laut seiner alten Hochschulzeitung mal eine PC-Version des Spiels "Risiko" programmiert. Wenn man ihm jetzt zuhört, wird man das Gefühl nicht los, dass er die Entwicklung von Facebook als ein ganz ähnliches Spiel betrachtet: Es geht darum, ein Land nach dem anderen einzunehmen, um globale Vorherrschaft. Ein Eroberungszug in Turnschuhen, Jeans und grauem T-Shirt.
Am Nachmittag hat Zuckerberg vor ein paar Hundert Berliner Studenten einen Vortrag gehalten, jetzt muss er Interviews geben, eins nach dem anderen, am nächsten Tag das Gleiche noch mal in München. Streng bewacht von Kommunikationschefin Debbie Frost und von Elliot Schrage, Spitzenkraft für "globale Kommunikation und Politik".
Eine mitgebrachte Tafel Schokolade lässt Zuckerbergs jungenhaftes Gesicht aufleuchten, er beißt herzhaft hinein und redet dann drauflos. Einige Vokabeln benutzt er besonders gern und häufig. "Connecting" ist eine davon, eine andere "Sharing", was "teilen" bedeutet, aber auch "mitteilen" und "gemeinsam nutzen". Das, was Facebook ausmachen soll. Jedesmal, wenn er das Wort benutzt, nicken seine beiden Kommunikationschefs eifrig, und Debbie Frost strahlt ihn begeistert an.
Schon mal daran gedacht, alles hinzuschmeißen?
Facebook besteht seit 2004. Zuckerberg programmierte es während seiner Studienzeit in Harvard, anstatt Vorlesungen zu besuchen. Als das betont schlichte Social Network für Studenten in den USA rasend erfolgreich war, zog Zuckerberg nach Kalifornien - und kehrte nie an seinen Studienplatz zurück. Im Juli 2006 hatte Facebook sieben Millionen Nutzer, fast alle waren Studenten. Damals bot Yahoo eine Milliarde Dollar als Kaufpreis. Zuckerberg lehnte ab. Heute wird der Wert des Unternehmens auf zwischen 4 und 15 Milliarden Dollar geschätzt, Microsoft hat vor einem Jahr für 1,6 Prozent von Facebook 240 Millionen gezahlt.
Hat Zuckerberg schon einmal daran gedacht, einfach seine Anteile zu verkaufen, das Geld zu nehmen und lieber das Leben zu genießen? Etwa Ende 2007, als das umstrittene Werbe-System "Beacon" für Proteststürme sorgte? Hat er nie gedacht "verdammt, ich nehme einfach das Geld und haue ab"? "Nicht in diesen Worten", sagt Zuckerberg und lacht. Aber es gehe ja auch nicht ums Geld, sondern um das Projekt, um "Sharing". "Das wäre für uns sonst auch gar nicht gut", wirft Elliot Schrage in betont scherzhaftem Ton ein.
"Du hast Anzüge, die du mir anziehst"
Es gibt ein paar solcher Momente im Laufe des Gesprächs. Zuckerberg verlässt dann die eingeübten Pfade der Eigenwerbung - etwa, als er sich zu einer kleinen bösen Bemerkung über den Facebook-Finanzier Microsoft hinreißen lässt. Dann bringen ihn seine beiden Kommunikationswächter mit Blicken und ostentativ heiteren Einwürfen blitzschnell wieder zur Räson. Der Milliardär kokettiert offen mit seiner Rolle als Wunderkind unter den wachsamen Augen seiner PR-geschulten Zieheltern.
Zuckerberg trägt ein graublaues T-Shirt ("davon habe ich 15"), die Outdoor-Jacke, die er sogar bei Vorträgen anzieht, hängt in der Garderobe. Auf die Frage, ob er denn einen Anzug habe, sieht er zu Debbie Frost und sagt: "Du hast Anzüge, die Du mir anziehst." Die Angesprochene lacht wie eine stolze Mama und sagt, das sei doch nur ein Jackett, und zum letzten Mal habe er es im Mai getragen, in Japan.
Aber über weite Strecken ist es gar nicht nötig, dass Frost und Schrage sich einmischen. Denn Zuckerberg ist ein konzentrierter Prediger des eigenen Evangeliums vom Teilen und Verbinden. Auch wenn man ihm nicht so recht abnehmen will, dass Geld und Marktdominanz dabei eigentlich gar keine Rolle spielen sollen.
Wenn er erst mal in Schwung gerät, leuchten seine Augen vor allem bei Sätzen wie: "Mehr als 30 Prozent der Online-Population in Großbritannien nutzt heute Facebook", oder "In Lateinamerika benutzten alle Hi5. In wenigen Monaten wechselten alle Leute zu Facebook." Chile werde "das erste Land sein, in dem mehr als 50 Prozent der Online-Population bei Facebook vertreten sind". In Kanada seien es jetzt schon 40 Prozent.
Die "Risiko"-Karte färbt sich Facebook-Blau
Während er diese Zahlen herunterrattert, kann man förmlich sehen, wie sich eine Weltkarte in Zuckerbergs Hinterkopf Land für Land blau färbt, Facebook-farbig. Wie bei "Risiko". Nie vergisst Zuckerberg, die Konkurrenten zu nennen, die er aus dem Feld geschlagen hat. Südamerika: Hi5. Großbritannien und Australien: MySpace.
Und Deutschland? Immerhin dominiert hier die VZ-Gruppe des Holtzbrinck-Verlages (StudiVZ, SchülerVZ, MeinVZ - siehe Kasten unten) mit insgesamt etwa 10 Millionen Nutzern den Markt. Dahinter liegt nicht Facebook, sondern MySpace und das deutsche Netzwerk Wer-kennt-wen. Facebook hat hierzulande aktuellen Zahlen zufolge 1,26 Millionen Mitglieder. Das sei mehr als doppelt so viel wie im März, als deutsche Bildschirmmenüs für die Plattform eingeführt wurden.
"StudiVZ wächst linear, wir wachsen exponentiell", sagt Zuckerberg. "Ich weiß nicht, ob wir sie schon in einem Jahr überholen. Aber vielleicht in zwei oder zweieinhalb." Natürlich wolle man auch auf dem deutschen Markt gewinnen. "Aber nur deshalb, weil wir glauben, dass wir es besser können, als die anderen". Ist das Ziel also doch die Weltherrschaft?
"Nein!", ruft Zuckerberg und muss selbst ein bisschen Grinsen. "Welt-Teilen!".
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